Die Firma dankt

Sven Janson über zwei Unis, eine davon eine GmbH.

Nun hat also Linz als Landeshauptstadt das Rennen um den Standort der technischen Universität in Oberösterreich gemacht. In Wels herrscht darüber zwar noch etwas Gram, aber insgesamt erscheint der Standort als nicht ganz unlogisch, wenn man betrachtet was am Campus in Linz in den letzten Jahren so passiert ist.

Ziemlich überraschend war die plötzliche Ankündigung des damaligen Kanzlers Kurz, dass es zukünftig eine weitere Universität in Oberösterreich geben wird. Diese soll sich mit dem technischen, speziell dem digitalen Bereich beschäftigen. Grundsätzlich ist die Errichtung einer Uni ja nichts Schlechtes. Suspekt wird es nur dann, wenn sich die Frage nach dem Sinn einer neuen Uni stellt, denn letztlich hätten vorhandene Kapazitäten an anderen Universitäten ausgebaut werden können, auch an der JKU.

Es blieb also noch die Frage nach dem Standort und der detaillierten zukünftigen inhaltlichen Ausrichtung offen. Dass es in Richtung Zuarbeit und Ausbildungen für die IT und Industrie in (Ober-)Österreich gehen wird, wurde spätestens klar, als die Liste der Mitwirkenden der Konzeptgruppe für die inhaltliche Ausrichtung öffentlich wurde. Neben einem ehemaligen Google-Sicherheitschef, einem Vertreter von Dynatrace und anderen, ist auch die WKO auf der Liste vertreten.

Früher gab es dazu Kommissionen, die von verschiedenen Interessenvertretungen der Universität (darunter auch so genannte Studierende und ProfessorInnen) besetzt wurden. In diesen wurden dann Inhalte von Studiengängen fixiert. Nun bestimmen also Unternehmen selbst, was so gelehrt werden soll. Dazu passend auch der Standort – JKU. Speziell im Science Park lässt sich wunderbar beobachten, wozu Universitätsgebäude immer mehr dienen.

Sie werden vermehrt Forschungsstätten für große IT- und Industriekonzerne. Firmen wie Apple oder Oracle haben bereits Namensschilder an der Altenberger Straße 64 und forschen da, wie an Hochschulen üblich, im Interesse der Allgemeinheit und dem eigenen Profit mit Geld von der Allgemeinheit.

Da wundert nichts mehr. Auch nicht, dass die zukünftigen Verwaltungsangestellten nicht nach dem Kollektivvertrag für Uni-Bedienstete, sondern nach dem „general labour law“ bezahlt werden sollen, wie es im englischsprachigen Bericht der Konzeptgruppe steht. Die Firma dankt.

Foto: Links Wien

Klimakiller Rendite

Leo Furtlehner zum Thema Klimapolitik.

Von Corona überlagert bedroht die Klimakrise den Globus. Wuchs der globale Ausstoß von CO2 von 1850 bis 1950 nur langsam auf fünf Milliarden Tonnen, so explodierte dieser bis 2019 auf über 35 Milliarden Tonnen. Nur notorische Ignorant*innen behaupten, es gäbe kein Klimaproblem und angesichts unübersehbarer Temperaturschwankungen und zunehmender Naturkatastrophen bestünde kein Handlungsbedarf.

Dabei sind oft zwei Seelen in einer Brust, zeigt eine Umfrage des market-Instituts (OÖN, 18. 11. 2021). Demnach sehen 61 Prozent den Klimawandel als größte Bedrohung der Gesellschaft, nur ein Zehntel glaubt, dass die Klimaziele erreichbar sind, aber nur 36 Prozent sehen sich persönlich betroffen.

Nun verursachen zwar global die zehn reichsten Prozent der Weltbevölkerung satte 49 Prozent des CO2 und entfallen auf die 50 Prozent ärmsten nur zehn Prozent. In Österreich kommen im untersten Einkommensdezil 3,2 Tonnen CO2 auf eine Person, im obersten Dezil sind es 19 Tonnen (Standard, 12. 10. 2021).

Klimapolitik ist also auch eine Klassenfrage und zur Lösung sind soziale Aspekte zu berücksichtigen. Doch Meinungen, dass erst China und die USA am Zug seien, erst nach globaler Abrüstung und Entmachtung der Konzerne gehandelt werden könne oder Europa nur einen minimalen Anteil verursacht greift zu kurz.

Kapitalismus grün gefärbt

In einer globalisierten Welt kann sich niemand absentieren und das Handeln auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Auch gilt es, die imperiale Lebensweise des reichen Nordens auf Kosten des armen Südens der Welt in Frage zu stellen. Im Klartext: Regionale Versorgung statt exzessive Globalisierung, vernünftiger Konsum statt Überflussproduktion, sorgsamer Umgang mit Ressourcen statt Verschwendung, Entschleunigung statt Turbokapitalismus.

Zwangsläufig werden dabei die Grenzen des Kapitalismus angestoßen. Es gilt der Slogan der Klimaschutzbewegung „System Change! Not Climate Change!“ Der Mainstream in Politik und Medien setzt hingegen auf einen „grünen Kapitalismus“. So schwärmt etwa Dietmar Mascher „Der Kapitalismus muss also grüner werden. Und wird es automatisch, wenn der Rendite abwirft“ (OÖN, 30. 10. 2021).

Mascher & Co. ignorieren dabei nicht nur, dass aktuell Betongold und Bitcoin die Renditen-Renner – und Klima-Vernichter – sind. Auch aus der Finanzwelt wird der „grüne Kapitalismus“ entzaubert. Banken, Konzerne und Staaten überschwemmen den Finanzmarkt mit „nachhaltigen“ Investments und „grünen“ Anleihen. Geschätzte 32,5 Billionen Euro werden nach „grünen“ Grundsätzen verwaltet, die Anleger erhalten Rendite und haben im blinden Vertrauen in die Finanzwelt ein gutes Gewissen.

Doch das deutsche Ifo-Institut stellt klar, dass damit zwar via Blackrock, Vanguard oder Fidelity Riesensummen der Realwirtschaft zuströmen, doch die Versprechen der Fondsmanager mangels konkreter Zweckbindung oft „leer“ sind (Presse, 19. 11. 2021). So wirbt etwa der britische BP-Konzern plakativ für Windräder, macht das große Geschäft aber weiterhin mit Öl.

Der geringe Output der diversen Klimagipfel – zuletzt COP26 in Glasgow und G20 in Rom – zeigt zudem wie mühsam es ist, der absoluten Dominanz der Ökonomie entgegenzuwirken. Gilt doch für die Multis und ihren politischen Sprachrohren in Form der Regierungen immer noch der Profit als Maß aller Dinge.

Vorzeitlicher Klimaschutz

Leo Furtlehner über das gestörte Verhältnis der ÖVP zum Klima.

Als die grüne Ministerin Gewessler eine Evaluierung der ASFINAG-Straßenprojekte verordnete, orakelte Bundeskanzler Kurz über einen Rückfall in die Steinzeit. Sein Parteifreund LH Stelzer (ÖVP) behauptet hingegen „Uns braucht niemand … zu erklären, dass Klimaschutz wichtig ist und wie Klimaschutz geht“ (Presse, 8.8.2021).

Die Praxis der Landespolitik zeigt allerdings ein massiv gestörtes Verhältnis (nicht nur) der ÖVP zum Klima, obwohl zunehmende Naturexzesse wie Starkregen, Muren und Hochwasser unübersehbare Zeichen an der Wand sind. Denn Oberösterreich ist besonders stark vom Wildwuchs bei der Zersiedelung sowie von einem Übermaß an Versiegelung von Grünland und Leerstand geprägt.

Zudem ist das Land bereits übermotorisiert: Eine halbe Million Menschen pendeln täglich in eine andere Gemeinde, die Autolawine wächst weiter. Österreich hat das dichteste Straßennetz und die höchste Supermarktfläche pro Person europaweit. Doch weiterhin wird dem Autoverkehr Vorrang vor dem Ausbau der Öffis gegeben. Täglich wird Grünland im Ausmaß von 13 Fußballfeldern verbaut, gleichzeitig gibt es 40.000 Hektar Leerstand von Wohnungen, Gewerbeobjekten und Industriearealen. Gehortetes Bauland reicht für Jahrzehnte – es darf kräftig spekuliert werden.

Warum kann in Bayern die Raumordnung Neubauten auf die Ortskerne konzentrieren? Warum ist in der Schweiz ein Taktverkehr bis ins letzte Dorf möglich? Das Versagen der Raumordnung hierzulande ist unübersehbar. Die Forderung, den Gemeinden die Kompetenz als Baubehörde erster Instanz zu entziehen löste wütende Reaktionen der Betonparteien aus. ÖVP-Ministerin Köstinger meinte, es könne „doch nicht jemand in Wien entscheiden, welche Bauklasse ein Grundstück im Südburgenland oder im Ötztal hat“. SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr erklärte assistierend „den Gemeinden könnte keinesfalls die Widmungskompetenz entzogen werden“ (Presse, 14.8.2021).

Radikales Umdenken in der Industrie-, Energie- und Verkehrspolitik sowie in der Raumordnung ist aber entscheidend für eine zukunftsweisende Klimapolitik. Eine Behübschung durch Sonntagsreden oder einen „grünen Kapitalismus“ reicht längst nicht.

Kapitalismus begrünt

Leo Furtlehner über schwarz-grüne Ambitionen.

Als die Grünen 2003 Koalitionspartner der ÖVP wurden, war die Energiewende ein Kernthema des damaligen Landesrates Anschober. Das Thema war so brisant, dass der anfangs dagegen Sturm laufende Wirtschaftsflügel der ÖVP das Thema sehr zum Leidwesen Anschobers für sich reklamierte und damit hausieren ging. Kein Wunder, ließen sich auch damit herrliche Profite machen.

Und der damalige LH Pühringer konnte 2009 als Bilanz über seinen handzahmen Koalitionspartner selbstzufrieden konstatieren: „Wo bleiben die Sensationen von Schwarz-Grün? Es funktioniert, das ist die Sensation. Wenn die Volkspartei noch ökologischer wird und die Grünen etwas marktwirtschaftlicher.“

2015 koalierte die ÖVP trotzdem mit der Rechtsaußen-FPÖ, deren Landeschef Haimbuchner sich rühmt eine besonders gute Achse zur Industriellenvereinigung zu haben. Doch das schwarz-blaue Verhältnis scheint nach Ibiza deutlich abgekühlt, obwohl Oberösterreich erfolgreich als Versuchslabor für Sozialabbau und restriktive Asylpolitik und politischen Rechtsruck auf Bundesebene diente.

So verwundert es nicht, dass 2021 die Grünen wieder in den Startlöchern für eine Neuauflage von Schwarz-Grün scharren. Und ihr Vormann Landesrat Kaineder will Haimbuchner den Rang um den besten Draht zur Industrie ablaufen. Mit demonstrativen Betriebsbesuchen werden „Wege zur klimafitten Industrie“ (planet #109, Mai 2021) propagiert.

Abgesehen von vorgestrigen Leugnern des Klimawandels wird niemand gegen „saubere Energie“ und „echte Verkehrswende“ sein. Fragt sich nur, ob die Grünen dabei einen sozialökologischen Umbau der Industrie – inklusive Umverteilung des Reichtums und Ausbau des öffentlichen Eigentums – im Auge haben oder ob es nur um eine grüne Behübschung des realen Kapitalismus geht? Die Bundespolitik ist da jedenfalls recht ernüchternd.

Haben doch die Grünen in der Kurz-Regierung bekanntlich ein ziemlich schieflastiges Corona-Hilfsprogramm zugunsten der Konzerne ebenso mitgetragen wie die Absage an eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Wenn Kaineder verkündet „Wir sehen uns daher in diesem Wandel als Verbündete und Partner der Industrie“ klingt das für die Lohnabhängigen angesichts der permanenten Attacken der Industriellenvereinigung auf soziale Errungenschaften eher als Drohung.

Weiterhackeln mit Corona

Daniel Steiner über pandemische Feigenblätter und deren brutale Auswirkungen.

Sars-Cov-2 ist keine Verschwörung. Sars-Cov-2 ist schlicht ein Virus, das macht, was Viren eben so machen: es versucht sich zu verbreiten. Auch die Maßnahmen gegen dessen Verbreitung sind keine Verschwörung, es sind mal mehr, mal weniger effektive Versuche zu verhindern, dass Viren das machen, was Viren eben so machen. Nämlich zu versuchen sich zu verbreiten.

Dass die Mächtigen dieser Welt diese Maßnahmen nutzen werden, so wie sie alles nutzen würden, um ihre Macht zu festigen, liegt in der Natur der Sache. Machiavelli lässt grüßen. Eine Verschwörung ist das auch nicht.

Mit „die Mächtigen“ meine ich nicht nur die Regierenden, selbstverständlich werden auch die Eigentümer der Produktionsmittel und des dazugehörigen Kapitals jede Chance zu nutzen, um ihre Profite zu erhöhen. Das wird Menschen ihre Arbeitsplätze kosten. Man wird jammern wie schwierig nicht die wirtschaftliche Lage sei, so wie man immer gejammert hat, wie schwierig nicht die wirtschaftliche Lage sei, um neue Verschlechterungen für die unselbständig Beschäftigten durchzusetzen.

Man wird weiterhin versuchen, die betrieblichen Mitbestimmungsrechte einzuschränken, nur nun eben mit neuen vorgeschobenen „Argumenten“. Es wird bereits jetzt versucht Betriebsratsgründungen unter dem Deckmantel der Pandemiebekämpfung zu verhindern. Man droht etwa den Organisatoren bei einer Abhaltung einer Betriebsversammlung mit Klagen nach dem Epidemiegesetz. Bei uns in Oberösterreich, im Sozialbereich. Kein Schmäh.

Man wird weiter versuchen völlig ungeniert von unten nach oben umzuverteilen. Jetzt ist es eben Corona, warum „wir“ den Gürtel enger schnallen müssen, „wir“ uns das Arbeitslosengeld und die Pensionen leider, leider nicht mehr leisten können und „wir“ am besten bis zum Umfallen hackeln sollen. Kurz gesagt, die Aussichten sind miserabel.

Blöd gelaufen?

So richtig erwischt hat es aber bereits jetzt jene, die ohnehin schon mit prekären Arbeitsverhältnissen ihr Auskommen finden mussten oder auch hofften, auf diesem Weg ein Stück persönliche Freiheit bewahren zu können. Gerade Menschen, die ihre wirtschaftliche Existenz innerhalb der Schnittmenge aus Kulturszene und Gastronomie-Jobs aufgebaut haben, wurden vom Hammer des Lockdowns quasi erschlagen.

Bekannterweise wird in diesen Bereichen gerne – auch im beiderseitigem Einverständnis – „vergessen“ die Beschäftigten ordnungsgemäß zu melden. So praktisch die Grau- und Schwarzarbeit in prä-pandemischen Zeiten auch erschienen haben mag, nun fällt sie manchen auf den Kopf. Viele sind das nicht, denen die komplette finanzielle Lebensgrundlage weggebrochen ist, sie zu vernachlässigen wäre trotzdem fatal.

Die Angebote der Linken, insbesondere der KPÖ an diese Gruppe sind gelinde gesagt mager. Ein „wir sind eh für ein Grundeinkommen, also zumindest im Prinzip“ noch markiges „Benko enteignen!“-Gebrüll wird deren akuten Probleme kaum lösen. Über einen eigenen Solidaritätsfonds verfügen wir in Oberösterreich nicht, Hilfe zur Selbsthilfe wäre also angesagt.

Wie das genau aussehen kann? Keine Ahnung. Aber vielleicht kann durch diesen Text ein Denkanstoß gegeben werden. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Infografik: ÖGB

Österreichische Monopolisten

Herr Groll auf Reisen. Von Erwin Riess.

Bei einem Erkundungsgang des neuen Badestrands am Donaukanal entspann sich zwischen Herrn Groll und dem Dozenten ein Gespräch über monopolistische Machtstrukturen in Österreich. Der Dozent wollte wissen, ob auch Wein von Monopolen gehandelt wird.

„In der sogenannten Neuen Welt ist das die Regel“, antwortete Herr Groll. „Kalifornischer oder australischer oder südafrikanischer Rotwein wird von Großkonzernen vermarktet und überwiegend auch produziert.

In Chile und Argentinien geht der Trend ebenfalls in diese Richtung. In Europa hingegen existieren neben Großproduzenten in Italien, Frankreich und Spanien noch zehntausende kleinere Betriebe, unter ihnen viele Genossenschaften.

In Ländern wie Portugal, Deutschland, Ungarn oder Österreich ist der Markt noch fragmentiert, kleinere und mittlere Weinbauern stellen einen großen Teil der Weinmengen her. In Österreich aber befinden sich aber einige Großweinproduzenten auf dem Weg zu monopolitischen Regionalkaisern, ich nenne da nur den führenden Weinoligarchen Burgenlands, Leo Hillinger, der über ausgedehnte Weingärten verfügt und für den einige hundert Weinbauern eine streng kontrollierte Zulieferung garantieren müssen.

Sie bleiben zwar selbständig und tragen alle Risiken, sind aber in Wirklichkeit unfrei wie Sklaven. Ironischerweise betreibt Hillinger, der auch pfälzische und ungarische Weine vermarktet, auch in Südafrika ein eigenes Weingut.“

„In der politischen Ökonomie nennt man das wohl Monopolkonkurrenz“, meinte der Dozent.

„In den Supermarktketten ist der Hillinger-Wein oft unter anderen Namen gelistet“, fuhr Groll fort. „Im Burgenland aber pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass Hillinger längst von den Banken des Raiffeisenkonzerns kontrolliert wird – er fungiere lediglich als eine Art Werbebotschafter für die unter seinem Namen vermarkteten Weine.

In Hillingers Kategorie spielen noch ein paar Regionalmonopolisten in der Wachau, im Weinviertel oder in der Steiermark eine beherrschende Rolle. Sie sind das Pendant zu den mächtigen tirolischen Seilbahn- und Liftunternehmen, die längst das gesamte Bundesland kontrollieren.

In der Corona-Krise ist nun sichtbar geworden, dass die Tiroler Lift- und Hoteloligarchen die Bundesregierung von Schwarz und Grün vor sich hertreiben – mit der Folge, dass die Öffnung der Schipisten alles andere in der Corona-Politik überstrahlt.

Sterbezahlen hin, Arbeitslose her – die Investitionen müssen sich rechnen. Es sind nicht mehr als ein halbes Dutzend ältere Herren, die davon profitieren. Ein Obermonopolist namens Schröcksnadel, ein mittlerweile knapp achtzigjähriger Tycoon, gebietet über Schiressorts im In- und Ausland, besitzt einen Gutteil der Zulieferindustrie für Liftanlagen und ist seit Urzeiten Präsident des österreichischen Schiverbands.

Er und seine Kollegen kontrollieren den Fremdenverkehr in den heimischen Alpen. Sie sind Bürgermeister in Städten und Schidörfern, Aufsichtsräte in Hochschulen, Landtagsabgeordnete und Landesräte, die im Rang von Ministern stehen.

Schigrößen wie Anna Fenninger, Hermann Maier und Marcel Hirscher fungierten als Testimonials der Tourismusindustrie. Wenn der Hirscher-Tross im Spätherbst auf Gletscher für Materialtests ausrückte, ähnelte der Aufwand Formel I-Testfahrten von Mercedes oder Ferrari in Spanien. Hirscher war eine lebende goldene Aktie des Big Business, eine Sehnenzerrung beschäftigte das Land mehr als die Wahl einer neuen Bundesregierung.“

„Könnte es sein, dass dies der Grund für Hirschers plötzlichen Rücktritt war? Dass der Schiheld genug davon hatte, als Testimonial der österreichischen Winterindustrie zu dienen?“, fragte der Dozent.

Herr Groll nickte. „Seither herrscht Dauerkrise im Schiverband. Rennen für Rennen reiben sich die abgehängten Kaderläufer verdutzt die Augen, wenn sie von Athleten- und Athletinnen aus Slowenien, Kroatien oder der Slowakei abgehängt werden.

Und die sportliche Leitung redet sich Woche für Woche auf zu viel Schnee, zu weißen Schnee oder fehlenden Schnee aus. Manchmal werden auch feindselige Steilhänge oder die Windverhältnisse vorgeschützt.“

„Ein Weinzampano und ein Alpenoligarch – sieht so das österreichische Monopolkapital aus?“

„Zu einem wichtigen Teil, verehrter Dozent. Über die privatisierte ehemalige Staatsindustrie und das in Österreich traditionell starke Finanzkapital reden wir ein andermal.“

Zwei Polizisten näherten sich. Herr Groll entfernte sich vom Dozenten, um den Abstandsregeln zu genügen.

Hackeln mit Corona

Daniel Steiner über pandemische Auswirkungen auf die Arbeitswelt.

Es kommt mit dem Auto, vom Westbalkan und treibt sich bevorzugt auf Garagenpartys vor allem in Oberösterreich herum um sich anschließend Zuhause zu verbreiten. Nur in die Arbeit, in die Arbeit geht es nie. Das Virus.

Verkündigungsrituale

Das ist zumindest das, was die Mitglieder der herrschenden rechtsnationalen Politkaste in ihren schier nonstop abgehaltenen Verkündigungsritualen vor der gelehrig lauschenden PR-Budgetbegünstigtenschar von sich geben.

Natürlich stecken sich die Menschen in der Arbeit an. 45 von 90 Mitarbeiter*innen der Polizeinotruf-Leitstelle in Oberösterreich etwa. Oder 13 Mitarbeiter*innen des Seniorenheims in Linz-Kleinmünchen. Oder auch die 48 Mitarbeiter*innen des Paketdienstleisters GLS in Ansfelden etwa.

Die Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen und trotzdem interessiert die erhöhte Ansteckungsgefahr mit Corona in den Betrieben scheinbar keine Sau. Selbstredend verbreitet sich das Virus ungeniert in der Arbeitswelt.

Die Wirtschaft bestimmt

SARS-COV-2 sind die Presseerklärungen des Kurzen mit dem schönen Haar logischerweise schnurzegal. Während im privaten Bereich selbst während des lockersten Lockdowns Zusammenkünfte von Personen aus mehr als zwei Haushalten vernünftigerweise dick markiert auf der Verbotsliste standen, scheint im Büro oder in der Fabrikshalle alles egal zu sein.

Zoom-Meetings, Homeoffice und Kurzarbeit, noch im Frühjahr Anwärter auf das Wort des Jahres, haben in der zweiten, weit todbringenderen Welle faktisch ausgedient. „Die Wirtschaft“, sprich die Herrschaften Unternehmer*innen, wünschen dies nicht.

Stattdessen fährt man in überfüllten Öffis, hockt man in Teambesprechungen und macht brav Überstunden, damit der Profit stimmt. Natürlich nicht der eigene.

Zwischenruf der Industrie

Und auch wenn die nationalpopulistischen Regierungsfraktionen in Türkis und Grün per Initiativantrag im Parlament ein Recht auf Sonderbetreuungszeit beschließen lassen, reicht ein kurzer Zwischenruf der Industriellenvereinigung und Schrödingers Schule – geöffnet und geschlossen zugleich – ward geboren.

Hauptsache hackeln

Hauptsache das Proletariat hackelt brav während der Gstopften-Nachwuchs getrost zuhause bleiben kann, um kerngesund und coronafrei auf das steuerfreie Erbe des Herrn Papa zu warten.

Und nachdem das Gesundheitssystem und die Versorgung der Alten vor dem Zusammenbruch steht, hat der ehemalige Gutmensch Anschober die glorreiche Idee geboren, man könne doch das Personal in diesen Bereichen nach 48 Stunden Symptomfreiheit ohne weiters auch mit positivem Test an die Arbeitsplätze zwingen. Wird schon nichts passieren.

Die, auf die Einwohnerzahl hochgerechnet, dreifach höheren Todeszahlen in Österreich im Vergleich etwa zu den USA, werden geflissentlich ignoriert. Ein Schelm, wer hier einen Zusammenhang sieht.

Unter jeder Sau

Auch der Ankauf von zehn Millionen vorgeblichen FFP2-Masken für die Beschäftigten in diesen pandemietechnisch doch etwas sensiblen Bereichen, die sich als purer Schrott herausstellten, sorgt in der mittlerweile erfolgreich orbanisierten österreichischen Medienlandschaft für wenig Aufsehen.

Auch hier gilt der naheliegende Zusammenhang mit den enormen Todeszahlen für völlig ausgeschlossen. Corona ist ein Hund, aber die Verhältnisse unter jeder Sau.

Verschleierte Hegemonie

Stefanie Breinlinger über die oberösterreichische Standortpartnerschaft

Im Oktober verkündeten Wirtschafts- und Arbeiterkammer einen neuen Schulterschluss: Ein „ehrliches und problemlösungsorientiertes“ Verhältnis der Sozialpartner soll gemeinsame Projekte für einen Aufschwung im Kontext der Krise fördern.

Über konkrete Ziele halten sich die beiden Interessensvertretungen indes bedeckt, von einer Clearingstelle bei Konfliktfällen und Arbeitsstiftung ist die Rede.

Lästiges „Schwarzbuch“

Fix ist, dass die AK künftig auf das „Schwarzbuch Arbeitswelt“, das den Unternehmer*innen seit 2006 lästig war, verzichtet. Die Partnerschaft erscheint nicht gerade auf Augenhöhe, wenn die AK einseitig etwas aufgibt, die Unternehmerseite jedoch scheinbar keine Vorleistung erbringen muss. Ein entmutigendes Signal für die Arbeitnehmer*innen.

Damit verzichtet die AK darauf, nur einen kleinen Teil jener Grauslichkeiten der Arbeitswelt, die sie in ihrer Beratungspraxis tagtäglich von den Lohnabhängigen hört und deren rechtliche Ansprüche sie einklagt, nicht mehr als warnende Beispiele zu veröffentlichen. Dies in einer Zeit, wo Whistleblowing hochlebt, weil es oft die einzige Möglichkeit für Beschäftigte ist, gegen Missstände anzukämpfen.

Das Allheilmittel?

Reale Interessengegensätze zudecken zu wollen, ist im Interesse der Lohnabhängigen verfehlt. Genauso wenig ist nachvollziehbar, die Sozialpartnerschaft als Allheilmittel darzustellen, wenn der „Partner“ kurz zuvor im Alleingang erkämpfte Rechte auslöscht, wie wir mit dem 12-Stunden-Tag und der Zwangsfusionierung der Krankenkassen erleben mussten.

Es ist zu befürchten, dass die Arbeitnehmer*innen-Vertretung den Wünschen der Industriellenvereinigung nachgibt, um Druck auf Löhne, Sozialleistungen und Arbeitsplätze zu verstärken, um die Profite von großen Unternehmen zu sichern und zu erhöhen. Will sich die AK für die Politik des neoliberalen Privatkapitals und für Einzelinteressen der Unternehmer* innen einspannen lassen?

Druck der Industrie

Am Beispiel MAN Steyr könnte das Land mit seiner neuen Standortpartnerschaft beweisen, dass es für Standortpolitik im Sinne der Arbeitnehmer*innen eintritt und Arbeitsplätze ernsthaft erhalten will, anstatt den Betriebsstandort an die Marktmacht transnationaler Konzerne auszuliefern.

Direkte Investitionen als öffentliche Beteiligungen und dabei direkte Mitbestimmung sicherzustellen sind bessere Maßnahmen, als darauf zu warten, dass der VW-Konzern einlenkt.

Die Einschnitte der Corona-Krise könnte man für eine dringende Weichenstellung nutzen: Es ist an der Zeit, überkommene und von der Akkumulationskrise des Kapitals besonders betroffene Industriesektoren wie Autoindustrie oder Flugzeugbau sowie klimaschädliche Industriezweige wie die Stahlerzeugung zu redu- zieren.

Umstrukturierung notwendig

Eine Umstrukturierung zu Gunsten ökologischer nachhaltiger Technologien, der Produktion erneuerbarer Energien, Logistik, dem Ziel einer CO2-neutralen Produktion, Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist über- fällig.

Die kapitalistische Produktionsweise und ihr expansiver Raubbau an der Umwelt rief die Klimakrise und Gesundheitskrise hervor und verschärft sie immer weiter. Wenn wir eine Chance haben, Gerechtigkeit für Mensch und Klima herzustellen, so ist dies nur mit Hilfe einer koordinierten Industrie- und Wirtschaftspolitik unter Einbindung der Beschäftigten zu machen.

Cartoon: Karl Berger