Nazistraßen allerorts

Gerlinde Grünn über belastete Straßennamen in Linz

Ein kurzer medialer Aufschrei kennzeichnete die Veröffentlichung des Linzer Straßennamenberichts einer vom Gemeinderat beauftragten Historiker*innenkommission. Von 96 mittels einer Biografie untersuchten Personen wurden 64 Personen als belastet erkannt.

Untersucht wurden die Biografien auf Antisemitismus, Kolonialismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Nationalsozialismus und antidemokratisches Verhalten. Im Stadtsenat wurde daraufhin die Umbenennung von den vier als höchstbelasteten Straßennamen – nämlich nach Bischof Gföllner, Komponist Pfitzner, Autobauer Porsche und Unterhaltungskünstler Resl – beschlossen. Nicht zufällig handelt sich dabei um kurze Straßenzüge. Diese Umbenennungen sind mit überschaubaren Kosten verbunden.

Als Folge der Untersuchungen werden im Frühjahr drei Sterne des „Walk auf Fem“ im Donaupark, die nach Linzerinnen mit NSDAP-Verstrickung benannt wurden, neu vergeben. Bei der Neuvergabe der Sterne kommt nun die kommunistische Widerstandskämpferin Anna Gröblinger zum Zug.

Die KPÖ hat sich immer aktiv in die Fragen der Benennung des öffentlichen Raums eingemischt. Denn das Gedächtnis der Stadt manifestiert sich im öffentlichen Raum, bewahrt, polarisiert und grenzt auch aus. Die Benennung von Straßen, Plätzen und Gebäuden ist ein Abbild von Herrschaft und Macht und damit auch Ort politischer Auseinandersetzungen. Besonders die Altlasten von Straßenbenennungen nach Vorläufern oder Parteigänger*innen des Nationalsozialismus und die mangelnde Präsenz von Frauen im öffentlichen Raum bieten hier eine reiches Feld für Diskussion und Polarisierung.

Ganz klar kam die Spiegelung von patriarchalen Verhältnissen in der Beantwortung einer KPÖ-Anfrage nach Verteilung von Straßennamen nach Frauen und Männern zum Ausdruck. Nur 47 von insgesamt 1.152 Linzer Verkehrsflächen waren Anfang 2020 nach Frauen, hingegen 510 nach Männern benannt. Daher fordert die KPÖ auch die vier zum Umbenennung anstehenden Straßen nach verdienten Linzerinnen zu benennen. Und erteilt Stimmen, die nun nach dem Erscheinen des Historiker*innenberichts eine Ende der Aufarbeitung unter dem Motto „nun ist es genug“ fordern, eine klare Absage. Denn Geschichtsvergessenheit dient nur den Mächtigen.

Weibliches Ebel

Im März 2020 stimmte der Gemeinderat dem gemeinsamen Antrag der Grünen und der KPÖ zu, alle Verkehrswege im künftigen Stadtteil „Garten Ebel“ nach Frauen zu benennen. Ein dringend notwendiges Zeichen, denn derzeit sind nur 47 der insgesamt 1.152 Linzer Straßen nach Frauen benannt – hingegen 510 nach Männern.

Der KPÖ gelang es bereits zwei Straßenbenennungen nach Frauen durchzusetzen: 2006 ehrte die Stadt die im Lager Schörgenhub ermordete Gisela Tschofenig-Taurer (1917–1945), 2011 erfolgte diese Anerkennung für die Schriftstellerin Henriette Haill (1904–1996).

Die KPÖ hat zudem eine Liste mit zahlreichen Persönlichkeiten für eine Würdigung im „Garten Ebel“ erstellt. Neben Anna Gröblinger, Margarete Müller, Elisabeth Rechka, Theresia Reindl, Cäcilia Zinner und vielen weiteren ist hier die 2010 verstorbene Schriftstellerin Eugenie Kain hervorzuheben.

Kain setze sich in ihren Werken mit den städtischen Randzonen und deren Bewohner*innen auseinander, beschrieb deren Lebensumstände, Arbeitsbedingungen und Wohnverhältnisse. Sie gewann zahlreiche Literaturpreise, war Redakteurin der Stadtzeitung „hillinger“ und Mitbegründerin der Linzer Obdachlosenzeitung „Kupfermucken“.

Peter März