Integration & Ausbeutung

Dario Krenn über Reaktionen auf die „Halloween-Krawalle“

Motiviert von den sensationsgeilen Schlagzeilen über die „Halloween- Krawalle“ auf der Linzer Landstraße, kramte die SPÖ eine Idee hervor, die sie bereits 2016 gefordert hatte: das sogenannte Integrationsjahr.

Laut der Linzer Vizebürgermeisterin Blöchl ist es nämlich „besonders problematisch“, wenn Asylwerber*innen „zu keiner verpflichtenden Berufstätigkeit herangezogen werden können“. Hier ist also keinesfalls von einem allgemeinen, „freiwilligen“ (so freiwillig halt, wie man im Kapitalismus Lohnarbeit nun einmal verrichtet) Zugang zum Arbeitsmarkt die Rede, sondern von einem Zwangsdienst.

Die Motivation hinter der Forderung – der FPÖ durch das Übernehmen von rechten Positionen Stimmen abgraben zu wollen – ist schon verwerflich und disqualifizierend, um noch von einer progressiven Partei sprechen zu können; die Begründung toppt dies aber noch. Denn sie geht nicht nur davon aus, dass eine Gesellschaft ausschließlich auf Lohnarbeit basiert, sondern auch, dass es notwendig ist, Lohnarbeiter*in zu sein, um als Teil der Gesellschaft überhaupt in Frage zu kommen.

Wobei es fraglich ist, ob man überhaupt von Lohnarbeit beim „Integrationsjahr“ sprechen kann. Denn wie würde dieses in der Realität aussehen? Asylwerber*innen würden unter der Androhung von Sanktionen in Betrieben maximal für ein Taschengeld arbeiten. Gewerkschaftlich unorganisiert, wohl oft der deutschen Sprache noch nicht ausreichend fähig und weitgehend ohne Rechte (geschweige denn über die Ressourcen verfügend, die es bräuchte, um diese wenigen Rechte durchzusetzen), würden sie ein Jahr lang als De-facto-Sklaven dem Kapital dienen. Wie Integration gelingen soll, wenn man Menschen noch mehr zu Personen zweiter Klasse degradiert, als sie ohnehin schon von den Herrschend betrachtet werden, bleibt das Geheimnis der SPÖ.

Die Forderung nach einem verpflichtenden „Integrationsjahr“ spricht Bände über die sozialdemokratische Führung. Wer kapitalistische Ausbeutung als unbedingte Notwendigkeit sieht, damit eine Gesellschaft „funktioniert“ und dies notfalls auch durch sklavenähnliche Zwangsarbeit durchsetzen möchte, hat das Spektrum linker Politik in Idee und Tat längst verlassen.

Beliebig und austauschbar

Als „Partei des Betons und Benzins“ (Presse, 1.8.2022) stempelt Grünen-Klubchefin Maurer die SPÖ ab. Durchaus treffend, führt doch die SPÖ ökologische Ansprüche ad absurdum, wo sie – wie etwa in Wien – regiert. Andererseits agieren die Grünen als Partei von Kohle, Öl und (zumindest in Deutschland) Atom. Etwa wenn als unumstößlich behauptete Grundsätze – wie etwa Tempo 100 – über Nacht zur Makulatur erklärt werden.

Angesichts günstiger Umfragen ereifert sich die SPÖ für Neuwahlen. Was zwangsläufig weder ÖVP noch Grüne wollen. Maurer will in wahrer Nibelungentreue mit ihrem schwarzen Spezi Wöginger die Legislaturperiode bis 2024 auszuschöpfen. Und da schluckt man schon eine schwarze Krot nach der anderen.  Gilt doch die Maxime des früheren SPD-Chefs Franz Müntefering „Wichtig ist zu regieren, alles andere ist Bock- mist“.

Medial gehypt wird nach Berliner Vorbild eine Austro-Ampel und die SPÖ tut so, als wäre das schon paktiert. Freilich lässt sich auch eine Neuauflage von rot-schwarz nicht ausschließen und manche liebäugeln auch mit rot-blau. Die Politik der Parlamentsparteien ist also weitgehend beliebig und austauschbar. Weil sie dem Dogma des neoliberalen Kapitalismus unterliegt: Denn „Regiert wird rechts“ sagte schon Bruno Kreisky.

Leo Furtlehner

Gerstorfer – ein Polit-Femizid

Karin Antlanger über die Vorgänge in der Landes-SPÖ.

Frauen müssen mehr leisten, um annähernd gleiche Anerkennung dafür zu bekommen wie Männer. Dies ist soweit bekannt. Ebenso die Tatsache, dass Frauen jeder noch so kleine Fehler rasch zum Verhängnis werden kann, wohingegen ein solcher von männlichen Kollegen oft nicht der Rede wert ist.

Birgit Gerstorfer ist sicherlich keine sozialistische Lichtfigur und auch kein Politprofi wie Angela Merkel. Das rechtfertigt aber keinesfalls einen politischen Meuchelmord durch ihre Herren Genossen auf offener Bühne.

Todestrieb der Sozialdemokratie

So wie die oberösterreichische SP mit ihren Frauen in politischen Funktionen umgeht, drängt sich schon mal Sigmund Freuds umstrittener Begriff des Todestriebs auf. Dieser lässt sich mit einem Drang zur Zurückführung in den Zustand der unbelebten Starre, des Stillstands, also des Todes beschreiben und äußert sich auch in Form von Wiederholungszwang.

Wiederholungszwang – man denke nur an Bettina Stadlbauer, die über Nacht als Landesgeschäftsführerin „abgeschossen“ wurde. Oder an Rendi-Wagner, die sich auf Bundesebene mit Quertreibern wie Doskozil oder Dornauer herumschlagen muss.

Luger – der oberösterreichische Doskozil?

Sucht man in Oberösterreich nach Resten des Stalinismus, wird man bei der SPÖ fündig und nicht bei der KPÖ. Es ist kein Geheimnis, dass der Linzer Bürgermeister das Köpferollen in der Landespartei dirigiert hat. Unterstützt von Gewerkschaftern, die nur selten demokratiepolitisch positiv auffallen sowie von karrierebewussten Schleimern.

Luger nahm ein Werbeplakat für die Covid-Impfung, auf dem ein weinendes Kind, das Angst um seine Eltern ausdrücken sollte, zum Anlass, Birgit Gerstorfer und den Landesgeschäftsführer Brockmeyer in die Wüste zu schicken. Dies mit wortgewaltiger Unterstützung durch Gewerkschafter Dietmar Keck, der offenbar stinksauer war, weil in einer Wahlkampfanalyse der SPÖ OÖ den Gewerkschaften ein „Hang zur Besitzstandswahrung“ nachgesagt wurde.

Luger-Vasall rudert zurück

Gerstorfer wurde vorgeworfen, das Plakat im Alleingang mit dem Landesgeschäftsführer in Auftrag gegeben zu haben. Der dritte Landtagspräsident Peter Binder, ein strammer Luger-Wasserträger, hatte noch bei der Vorstellung des Plakats im Rahmen einer Pressekonferenz dafür posiert. Als ihm klar wurde, dass das Plakat zum Anlass genommen wird, Gerstorfer abzumontieren, behauptete er doch glatt, er habe nicht gewusst, was da genau drauf sei.

Und er habe gemeint, das Plakat sei von den Gremien freigegeben worden. Komisch, wo er doch selbst in allen entscheidenden Gremien drinsitzt. Keine gute Vorstellung, wenn man bedenkt, dass ein Landtagspräsident für etwas Werbung macht, worüber er nicht ausreichend informiert ist. Und solche Leute regieren uns! Tragisch genug, dass die SP in ihrer Rückgratlosigkeit einen Kniefall vor dem Impfgegner*innen hingelegt hat.

Es kommt nie was Besseres nach

Dieser Spruch gilt in der Sozialdemokratie schon seit dem Rückzug Bruno Kreiskys. Michael Lindner hat sich gleich zu Beginn mit einer pfäffischen Ansage disqualifiziert, als er bei seiner Inthronisation sagte, er „gehe mit einer guten Portion Demut“ an die Aufgabe des Parteivorsitzenden heran.

Wer, bitte, nimmt auch nur irgendeinem Politiker den phrasenhaften Spruch von der Demut im Amt ab? Oder meinte Lindner die Demut gegenüber seinem Königsmacher Klaus Luger?

Foto: SPÖOÖ

Letzte Privilegien

Karin Antlanger über Drogendeals für systemrelevante Bürgermeister

Alle wollen systemrelevant sein, anstatt das System zu bekämpfen, das ihnen einen Platz unter dem Tisch zuweist, an dem die Reichen feiern: die KrankenpflegerInnen wollen systemrelevant sein, die SupermarktkassierInnen, die PflegeassistentInnen, die BehindertenbetreuerInnen usw. Sie wurden zu Beginn der Pandemie noch beklatscht (hat ja nichts gekostet), bekamen im ersten Lockdown einmalig 500 Euro (Teilzeitkräfte selbstverständlich nur aliquot) und nun wird nicht mal mehr geklatscht.

In OÖ wurde der Begriff „systemrelevant“ mit Beginn der Corona-Impfungen um eine Spezies erweitert: nämlich um die überwiegend sozialdemokratischen und ausschließlich männlichen Bürgermeister, die sich bereitwilligst dafür aufopferten, dass kein Impfstoff in den Pflegeheimen vergeudet wird. Sie stellten sich selbstlos zur Verfügung, ließen sich in den Arm stechen und riskierten dadurch die Anfeindungen durch neiderfüllte 80- oder 90-Jährige, die noch heute auf eine Impfung warten.

SPÖ-Politiker wie der Welser Stadtrat Reindl-Schweighofer oder der ehemalige Landesrat Ackerl verteidigten die Impfvordrängler, indem sie meinten, diese seien als Bürgermeister systemrelevant. Immerhin gehen die Bürgermeister regelmäßig in die Alten- und Pflegeheime, wenn dort Geburtstagsgratulationen anstehen. Davon, dass ein geimpfter Bürgermeister in einem Heim Harnflaschen ausleert oder Windeln wechselt war nichts zu hören. Das aber wäre tatsächlich systemrelevant!

Früher hatten die Sozialdemokraten noch bessere Goodies zu vergeben: Wohnungen, Arbeitsplätze, Erholungsurlaube, Gratistickets für Veranstaltungen. Mit dem schwindenden Einfluss der SP wurden die zu verteilenden „Belohnungen“ für treue Dienste weniger. Und sie haben nichts mehr zu verlieren außer ihre letzten Privilegien in Form einer sechsten Impfung aus einer Phiole.

Vielleicht geht der Kampf um die letzten Privilegien im Wahljahr in eine nächste Runde. Vorschlag: Biontech-Pfizer für Lokalpolitiker, Moderna für brave WählerInnen und Astra-Seneca für das Fußvolk, das nicht SP wählt. In Spanien mussten der oberste Militär und andere Politiker wegen Impfvordrängelns zurücktreten. In Österreich hat jedes Kuhdorf einen systemrelevanten Bürgermeister.