Außer Rand und Band

Michael Schmida über die verrückten Energiemärkte

Es war helle Aufregung, als im Spätsommer die Preise für Energie, speziell für Gas, durch die Decke gingen. Explodierende Preise brachten kurzzeitig sogar die Wien Energie ins Straucheln. Der größte Energiekonzern Österreichs – nach Anzahl der Kund*innen – hatte Liquiditätsprobleme und konnte die Sicherheiten für Stromeinkäufe an der Börse nicht mehr aus eigener Kraft stemmen. Der Bund musste einspringen und Garantien abgeben.

Auch für viele Kund*innen blieben die Entwicklungen an den Energiemärkten nicht ohne Konsequenzen. Energie- und Brennstoffunternehmen erhöhten die Preise. Strom- und Gasanbieter kündigten Verträge. In Wien müssen die Haushalte nun bis zum Zehnfachen für Strom und Gas zahlen. In Oberösterreich sind die Entwicklungen zwar nicht ganz so schlimm – zumindest für alle die nicht für ein paar Euro auf private Energieversorger wechselten.

Die regionalen Energieunternehmen – großteils in öffentlicher Hand – haben anders als die Wien Energie, weniger an der Börse Strom eingekauft bzw. spielen aufgrund geringerer nachgefragter Energiemenge nicht so eine große Rolle. Doch auch hierzulande wird der Preisanstieg spürbar. Noch sind Abrechnungen ausständig, schlagen teurere Energiepreise nicht durch, kommen die Teuerungen erst. So hat die Energie AG zwar für Bestandskund*innen eine Preisgarantie bis Ende des Jahres abgegeben, aber danach wird sicher auch da der Preis „angepasst“.

Zwischenzeitlich ist die Aufregung wieder vorbei. Die Marktpreise sind wieder gefallen. Und schon ist auch wieder vergessen, dass es eigentlich völlig unverständlich sein sollte, mit Energie an Börsen zu handeln und die Preise den „Marktkräften“ zu überlassen. Das System liberalisierter Energiemärkte funktioniert ebenso wie die völlig intransparenten Geschäfte – auch öffentlicher Energieversorger – auf Kosten der Kund*innen.

Es wäre höchst an der Zeit den Preis für Energie an den durchschnittlichen Erzeugungskosten anzulehnen und durch öffentliche, gesellschaftliche Planung und Kontrolle – zum Beispiel mit einer Energiegrundsicherung – für soziale und ökologische Rahmenbedingen zu sorgen. Leider aber in neoliberal-turbokapitalistischen Zeiten ein Wunschdenken.

Menschenrecht auf Spekulation?

Leo Furtlehner über Raumordnung und Leerstand.

Hierzulande wird eifrig betoniert, Oberösterreich ist ein Spitzenreiter bei der Vernichtung von Grünland. Auch wenn Landesrat Achleitner (ÖVP) das Raumordnungsgesetz für „das schärfste aller Bundesländer“ erklärt: 17 Hektar Grünland für eine neue Fabrik des Landmaschinenherstellers Pöttinger bei Grieskirchen, die Rodung von 19 Hektar Wald für ein Betriebsbaugebiet in Ohlsdorf, 70 Hektar Grünland in Kronstorf für Google, Amazon und Konsorten beweisen das Gegenteil.

Die Zementindustrie bemühte Roland Girtler für eine „kultur- und sprachwissenschaftliche Analyse“ für ihre profitablen Geschäfte (OTS0215, 31.3.2022) die den burschenschaftlichen Soziologen zum Schluss „Beton tut offensichtlich gut, sorgt für eine Jahrhunderte haltende, stabile Grundlage – also ist Beton doch eigentlich gut?“ kommen lässt.

Katharina Roggenhofer, Sprecherin des Klima-Volksbegehrens, zerstört mit dem Sager „Es wird nicht jeder ein Haus auf der grünen Wiese haben können“ (Presse, 10.6.2022) die Lockrufe von bürgerlicher Politik und Immobilienhaien.

Angesichts der „hohen Einfamilienhausdichte“ Oberösterreichs sagt Wohnforscher Wolfgang Amann, dass diese „häufig am falschen Ort und technisch in einem schlechten Zustand“ sind und „viele werden leerstehen, wenn die Bewohner ausziehen“ (OÖN, 10.6.2022). Ein Desaster für die Raumordnung.

Das heiße Eisen der Causa heißt Leerstand. Während gigantische Potenziale – sowohl zigtausende Wohnungen als auch Industrie- und Gewerbeflächen leerstehen – wird weiter Grünland zubetoniert. Doch das Privateigentum an Grund und Boden und untrennbar damit verbunden im realen Kapitalismus Spekulation sind sakrosankt. Lieber lässt man Wohnungen und Gewerbeflächen jahrelang leerstehen als sie leistbar zu vermieten. Unbebaute, aber gewidmete Baulandreserven reichen für Jahrzehnte.

Zaghafte Vorstöße zur Nutzung – zumindest Erfassung und Besteuerung – des Leerstandes, wie in Wien, Salzburg und Innsbruck gestartet, werden von der Immobilienlobby als Eingriff in das vermeintliche Menschenrecht auf das geheiligte Privateigentum betrachtet. Ganz so, als ob in der Verfassung das Recht auf Spekulation festgeschrieben wäre.

Turmbau zu Linz

Ein architektonisches Projekt der Superlative soll bis 2025 auf der nicht denkmalgeschützten Westseite der Tabakfabrik entstehen. Und weil es in Linz nicht anders geht, gehört da auch ein Turm dazu.

Nicht irgendein Turm, es wird der höchste Turm der Stadt. 109 Meter für Büros und ein Hotel. Also sogar der höchste Büroturm außerhalb der Bundeshauptstadt. Daneben werden noch einige kleinere Häuser gebaut in denen neben Handelsflächen und natürlich den in der Stadt „dringend“ benötigten weiteren Büros auch ein bisschen was fürs Wohnen getan wird.

Immerhin sollen die 190 Wohneinheiten laut Homepage vermietet werden. Angaben über die Höhe der Mieten werden allerdings nicht gemacht. Ob leistbares Wohnen im Sinne der Wirtschaftlichkeit der Projekt GmbH ist, sei einfach mal dahingestellt. Leistbarer „Wohnraum“ könnte ja dann auch an ganz anderer Stelle entstehen. Auch da mit einer genialen Aussicht und Micro-Apartments in einem allerdings wesentlich kleineren und älteren Turm.

Denn ein Blick auf die Homepage von „Quadrill“ verrät zudem, dass das Arcotel, direkt gelegen an der Donaulände, in das Neue Babel der Linzer Stadtentwicklung umziehen wird.

Sven Janson