Ist alles halb so schlimm?

Walter Baier über neofaschistische Tendenzen in Europa und darüber hinaus

Es ist ein Mythos, dass Hitler 1933 die Macht ergriffen habe. Tatsächlich wurde sie ihm frei Haus übergeben. Immerhin verfügten nach den letzten freien Wahlen der Weimarer Republik die beiden Arbeiterparteien SPD und KPD über mehr Mandate als die Nazi-Partei und hätten gemeinsam mit der katholischen Zentrumspartei eine parlamentarische Mehrheit bilden können. Stattdessen aber ernannte der militaristische Reichspräsident Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler und ließ den Reichstag auflösen. Der Aufstieg des Diktators war also „aufhaltbar“ (Brecht), hätten Weitsicht und politische Intelligenz der antifaschistischen beziehungsweise nicht-faschistischen Parteien ausgereicht.

Weswegen ist diese Geschichte von aktuellem Wert? Deshalb, weil wir neuerlich von Frankreich über Schweden bis Italien erleben, wie eine Welle die neofaschistischen Parteien nach oben trägt. Dabei sind aber nicht übermächtige, unbekannte Kräfte am Werk, wie die unkritische Berichterstattung der Medien nahelegt. Im Gegenteil. Typischerweise geht der Beteiligung der radikalen Rechten an Regierungen ihre Verharmlosung durch das Establishment voraus. In Italien war es die konservative Forza Italia, die die Nachfolgepartei der neofaschistischen MSI an die Macht hievte, wobei am Schluss sogar der „Standard“ wohlwollend anmerkte, dass davon weder NATO-Kurs noch Sparpolitik der EU beeinträchtigt würden. Entwarnung! Alles halb so schlimm!

Trostlose Wirtschaftslage

Das Anwachsen nationalistischer, radikal rechter Bewegungen ist zudem kein europäisches, sondern ein weltweites Phänomen: Bolsonaro, Trump, Erdogan, Putin, um die auffälligsten Exemplare der Spezies zu nennen. Religiöse Fundamentalismen gehören in dieselbe Kategorie. Das Phänomen lässt sich nicht allein aus der Politik erklären, womit es auch außerhalb des Fokus der Medien liegt. Der ungarisch-österreichische Sozialhistoriker Karl Polanyi hatte 1944 geschrieben, dass der Aufstieg des Faschismus sich im Rhythmus der Auf und Ab der kapitalistischen Krise abgespielt hatte.

So auch heute. Die trostlose wirtschaftliche Lage und die Angst vor sozialem Abstieg von bislang relativ komfortabel auskommenden Mittelschichten zerstören zunehmend die Glaubwürdigkeit des politischen Systems und seiner Repräsentant*innen. Zugespitzt wird die Lage durch die ökologischen Krise und die gefährliche Erhöhung der internationalen Spannungen, sodass sich das Ge- fühl verbreitet, in einem Drama mit ungewissem Ausgang zu leben.

So müssen wir also erst recht von Politik und Kultur reden. Vom Loch nämlich, das der abgewirtschaftete Neoliberalismus in den Hirnen und Herzen hinterlässt, das – wird es nicht durch rationale Denkweisen und eine solidarische Kultur gefüllt – die Gespenster aus der finstersten Zeit wieder aufleben lässt. Diese geistige Leere ist wahrscheinlich die schlimmste Hinterlassenschaft des Neoliberalismus.

Das Beispiel Frankreichs zeigt aber, dass es nicht zwangsweise so sein muss. Wo kämpferische Gewerkschaften, eine breite Umweltbewegung und eine politische Linke, die sich trotz aller Schwierigkeiten zusammenrauft, bestehen, erwachsen dem Neofaschismus mächtige Gegner*innen. Nicht dass ihr Sieg garantiert wäre, aber ohne sie ist die Niederlage gewiss.

Rechtsextreme Führungstruppe

Hans-Henning Scharsach über deutschnationale Burschenschafter als Kader der FPÖ

Auf einem Foto vom Linzer Burschenbund-Ball sind von 21 erkennbaren Burschenschaftern der Arminia Czernowitz 16 als Funktionäre der FPÖ identifizierbar: Die Burschenschaften waren Wegbereiter der NS-Rassen- und Vernichtungspolitik. Sie organisierten Hitlers Marsch auf die Feldherrnhalle, zettelten den Juliputsch in Wien an und taten sich als Organisatoren der Massenmorde in Vernichtungslagern hervor.

Österreich hat sich verpflichtet, alle Spuren des Nationalsozialismus zu tilgen. Der Arier-Paragraf der Burschenschaften ist ein Teil davon, war Ausgangspunkt für den organisierten Massenmord. Als gemäßigte Kräfte forderten, den Arierparagraphen zu streichen, meinte die Arminia Czernowitz, mit diesem „Verrat“ würden sich die Burschenschaften „ihrem inneren Wesen nach selbst aufgeben“. Burschenschaften fordern den Anschluss an Deutschland, obwohl die Verfassung das verbietet. Der Burschenschafter und Ex-FPÖ-Mandatar Werner Neubauer meinte bei einer Demo in Deutschland: „Liebe deutsche Landsleute, ich darf das sagen, weil ich Deutscher bin.“

Wissenschaftliche Definitionen weisen die Burschenschaften als rechtsextreme Organisationen aus. Man darf Haimbuchner und Steinkellner demnach als Antisemiten, Rechtsextremisten und Verfassungsfeinde bezeichnen. Haimbuchner war Obmann des Witiko-Bundes, dessen Mitgliederverzeichnis ein Who-is-Who der Neonazi-Szene ist. In seinen Publikationen finden sich Textstellen wie „Zu den gewaltigsten Geschichtslügen der jüngsten Vergangenheit zählen die sechs Millionen ermordeten Juden“.

Nach Kriegsende schlossen die Burschenschafter keinen einzigen ihrer prominenten Nazis aus. In der Mitgliederliste der Alemannia Wien zu Linz, der Haimbuchner und Steinkellner angehören, scheint bis heute SA-Sturmführer Horst Wessel, Verfasser der Parteihymne der NSDAP, auf. Bei Totengedenken werden die „besonderen Verdienste“ von Ernst Kaltenbrunner, zentrale Figur in Hitlers Terror- und Tötungsmaschinerie, gewürdigt.

Wegbereiter der Vernichtung

Unter Haimbuchner waren Mitglieder der FPÖ-Jugend gleichzeitig Mitglied im neonazistischen Bund Freier Jugend. Laut Verfassungsrechtler Heinz Mayer wurden dort „NS-Verbrechen zynisch geleugnet“ und „NS-Ideen verherrlicht“, in „hetzerischer Sprache Rassenhass geschürt“ und damit „massiv gegen das Verbotsgesetz verstoßen“. Die Arminia Czernowitz lädt zu „Bildungsveranstaltungen“ neonazistische Brandredner ein, um die Jugend zu indoktrinieren. Im Internet- Auftritt der FPÖ-Jugend wer- den die Ergebnisse sichtbar, etwa Nazi-Symbole, Nazi-Sprüche, Werbung für Neonazi-Foren und Neonazi-Bands.

Zweimal konnte der Kongress der „Verteidiger Europas“ in Oberösterreich stattfinden. Burschenschafter, Identitäre, Neonazis, Herausgeber rechtsextremer Medien und prominente FPÖ-Politiker durften den Verschwörungstheorien rechtsextremer Einpeitscher applaudieren. Die Burschenschaften als intellektueller Oberbau des Rechtsextremismus stehen an vorderster Front der braunen Geschichtsfälscher. Auf einer Website des von Burschenschaftern geführten „Freiheitlichen Akademikerverbandes“ wird die Demokratie als „Fehlgeburt der Geschichte“ und „Hure des Westens“ bezeichnet.

Landeshauptmann Stelzer sagt, für Extremismus gebe es „null Toleranz“. Aber er koaliert mit einer Partei, deren führende Exponenten man als Rechtsextremisten, Antisemiten, Rassisten und Verfassungsfeinde bezeichnen darf.

Aus einem Vortrag von Hans-Henning Scharsach beim Netzwerktreffen am 8. Oktober 2022 in Wels

Vom Vertrauensverlust zum Verschwörungsglauben

Bernhard Weidinger zu den Coronaprotesten in Österreich.

Schon wenige Monate nach Beginn der Pandemie Anfang 2020 fanden erste Protestkundgebungen gegen deren politische Bearbeitung statt. Anfang 2021 gab es in Wien erstmals fünfstellige TeilnehmerInnenzahlen.

Über den Sommer schliefen die Mobilisierungen ein, um im Herbst – und verstärkt nach Ankündigung der Impfpflicht – in früherer Größe zurückzukehren bzw. diese zu übertreffen. Zusätzlich zu den Demos in Wien fanden und finden auch in Landeshauptstädten und kleineren Gemeinden Protestmärsche statt.

Hinter diesen Mobilisierungen steht keine einheitliche Struktur, sondern eine Vielzahl an lokalen und regionalen Initiativen. Selbst die Demos in Wien bestehen stets aus mehreren Kundgebungen, die sich im Lauf des Tages vereinen. Eine pauschale politische Verortung ist daher nur in groben Zügen möglich – auch wenn zentrale Figuren der Bewegung eine rechtsextreme Vita oder wenig Berührungsängste zum rechten Rand aufweisen.

Die organisierte extreme Rechte ist 2021 auf den Coronaprotestzug aufgesprungen und vermochte fortan regelmäßig, das Außenbild der Demonstrationen durch Frontbanner, Kontrolle der ersten Reihen und Bespielung der Bühnen zu prägen. Zudem spielen rechte bis rechtsextreme „Alternativmedien“ und Social-Media-Kanäle eine wichtige Rolle in der Mobilisierung, medialen Begleitung und Nachbereitung der Proteste. Daneben sind auf den Demonstrationen auch EsoterikerInnen und vereinzelt linke ObskurantInnen anzutreffen.

Die Masse der TeilnehmerInnen wird jedoch von häufig politisch inaktiven und unorganisierten Menschen gestellt. Den kleinsten gemeinsamen Nenner liefert neben Allerweltsphrasen wie „Friede, Freiheit, keine Diktatur“ die Ablehnung der in ihren Grundzügen von einer breiten Koalition aus Regierungsparteien, SPÖ und NEOS, Kammern, Religionsgemeinschaften etc. getragenen Coronapolitik.

Charakteristisches Merkmal der Proteste ist ein tiefsitzendes Misstrauen gegenüber „den Herrschenden“, womit nicht allein aktuell regierende Personen und Parteien gemeint sind, sondern zentrale Institutionen überhaupt: Parlamente, Gerichte, Sozialpartnerschaft, aber auch „Mainstream-Medien“.

Daher überrascht es nicht, dass sich in der Protestszene auch „alternativen Wahrheiten“ – also Verschwörungsfantasien – großer Popularität erfreuen. Als Leitthese fungiert dabei die Sichtweise, es handle sich bei der Pandemie um eine bloße Inszenierung, die dazu diene, lange gehegte Pläne sinistrer Hintergrundmächte umzusetzen.

Mitunter werden diese Mächte offen als jüdisch markiert, oft folgen die Erzählungen der Blaupause antisemitischer Verschwörungsmythen: Vaterlandslose Gesellen („Globalisten“) ziehen im Hintergrund die Fäden, um die ganze Welt ihrer Herrschaft zu unterwerfen, die Völker als solche auslöschen und sich selbst an Macht und Reichtum zu berauschen.

Auch die Holocaust-Relativierung ist in der Coronaprotest-Szene weit verbreitet. Meist nicht über das Kleinreden der NS-Verbrechen, sondern über eine völlig realitätsferne Darstellung aktueller Ereignisse, die mit den NS-Verbrechen auf eine Stufe gestellt werden: Ungeimpfte als „neue Juden“, impfende ÄrztInnen als „Dr. Mengeles“, ein „Nürnberger Tribunal“ für verantwortliche PolitikerInnen, etc. Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) hat zu diesen Phänomenen auf seiner Website (www.doew.at) grundsätzlich Stellung bezogen.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Jahresbericht 2021 der Antisemitismus-Meldestelle der Israelitische Kultusgemeinde Wien (https://antisemitismus-meldestelle.at)

Stand to Fall

„Oberösterreich bekennt sich zur Fortführung einer restriktiven Migrationspolitik“ steht im schwarz-blauen „Regierungsprogramm 2021–2027“. Wird das aber wörtlich genommen, gibt sich ÖVP-Landesrat Hattmannstorfer, zuständig für Soziales und Integration, empört: „Dieser Hass und dieses Gedankengut machen mich sprachlos“ (OÖN, 30. 10. 2021).

Anlass ist die Kampagne der Identitären gegen einen Gedenkort für auf der Flucht gestorbene Menschen. Im September hatte ein Trupp dieser modernen Nazis das Pastoralamt gestürmt – ein Schuss ins eigene Knie, wie die Empörung (nicht nur) kirchlicher Kreise zeigte.

2016 posierte FPÖ-Boss Haimbuchner in der Landesillustrierten „Unser Oberösterreich“ mit Stefan Magnet und sah auch in Aufträgen für dessen Werbeagentur auf Landeskosten kein Problem: „Er ist ein unbescholtener Bürger“ (OÖN, 11.9.2021) Magnet gehörte 2003 bis 2008 dem rechtsextremen BFJ an, ist aktuell Drahtzieher für einen „Aufstand“ der Coronaschwurbler und im Umfeld der Identitären aktiv.

Auch zum rechtsextremen Zentrum in Steyregg schweigt die ÖVP. Obwohl die Identitären als „verfassungsschutzrelevante Gefährdergruppe“ mit „rassistisch-fremdenfeindlicher Überzeugung“ eingestuft werden.

Leo Furtlehner

Foto: Überfall von Identitären auf das Pastoralamt in Linz

Ein neuer rechtsextremer Hotspot?

Dagmar Schindler über den aktuellen Rechtsextremismus.

Der Versuch von rechtsextremen, neonazistischen Gruppen sich in Oberösterreich anzusiedeln ist nicht neu. In einem Artikel im „profil“ kann man auch nachlesen, dass hier Verbindungen von Vereinsmitgliedern zu einem Polizeibeamten vorhanden waren, dieser Beamter sei auch sympathisierendes Mitglied der rechten Burschenschaft Arminia Czernowitz. (profil, 5.2.2013).

Ähnlich gelagert auch der erste Versuch der „Identitären Bewegung“ in Linz. Auch hier wurde man erst nach Pressemeldungen aktiv. Die Villa Hagen in Linz, Sitz der schlagenden Burschenschaft Arminia Czernowitz und eines dazugehörigen Studentenheimes kam 2019 in die Schlagzeilen. Unter dem Titel „Khevenhüller-Zentrum” wurde auch dort versucht ein „identitäres Zentrum” zu errichten.

Wie jetzt aktuell auch in Steyregg: Über einen Strohmann wurde dort ein ehemaliges Bierlokal angekauft, mittlerweile wird das Objekt bereits saniert und ist durch Gitter abgeschirmt. Geplant ist dort ein ”patriotisches Großprojekt”, das Rechtsextremen aus Österreich und dem süddeutschen Raum eine Anlaufstelle bieten soll. Immerhin gibt es jetzt schon deutlichere Aussagen der Landespolizei zur „Identitären Bewegung” die diese Gruppe als eine „verfassungsschutzrelevante Gefährdergruppe“ mit „rassistisch-fremdenfeindlicher Überzeugung einschätzt (Standard, 18.7.2021).

In der Gemeinde selbst macht sich ebenfalls Ablehnung gegen die neuen „Nachbarn” breit. Vor dem Haus wurde der Zebrastreifen in Regenbogenfarben gestaltet. In einer Presseaussendung des KZ-Verbandes/VdA OÖ warnt der Vorsitzende Harald Grünn: „Sobald die Rechtsextremen ihre Umbauarbeiten abgeschlossen haben, dürfte wohl kein Wochenende mehr vergehen, an dem Steyregg nicht Dreh- und Angelpunkt der Rechtsextremen sein wird. Es ist zu vermuten, dass es zu einer engen Vernetzung zwischen oberösterreichischen und niederbayrischen Strukturen kommen wird“ und fordert die Verantwortlichen in der Gemeinde und auf Landesebene auf, alle Register zu ziehen, um dieses Projekt zu verhindern.

Unterstützung bekommen sie aber mittlerweile von höchster Stelle in der FPÖ: So meinte der ehemalige Innenminister und aktuelle Parteivorsitzende der FPÖ, Herbert Kickl, im Juni 2021 er halte die Identitären „für ein interessantes und unterstützenswertes Projekt“. „Die Identitären sind für mich so etwas wie eine NGO von rechts. So eine echte NGO, die diesen Namen auch verdient, weil sie nämlich kein Geld vom Staat bekommt“.

Woher die Identitären ihr Geld – unter anderem – bekommen, ist mittlerweile seit dem Attentat in Christchurch, Neuseeland bekannt. Der Attentäter der dort 51 Menschen ermordet hat, war nicht nur in Österreich auf Besuch bei Martin Sellner, sondern hat den Verein auch mit einer Spende unterstützt. Wie auch Mitglieder der FPÖ, wie der ORF im Juni 2019 berichtete.

Abschließend ist es auch wichtig anzumerken, dass die Identitären mittlerweile auf Identitätssuche sind, Namen und Symbole der Bewegung wurden per 1.8.2021 mit der Novelle des Symbolegesetzes verboten. Mittlerweile trittt die Gruppe unter dem Titel „Die Patrioten” auf. Oft wird für die Gruppen in den Bundesländern auch noch der Name des jeweiligen Bundeslandes angehängt.

Genug distanziert

FPÖ-Landesboss Haimbuchner wirft der Regierung vor „ein der islamistischen Gefahr gleichwertiges, rechtes Schreckgespenst zu zeichnen“ (OTS0229, 16.12.2020). Anlass dafür ist der durch Drogenhandel finanzierte Waffenfund bei Neonazis, über welche die FPÖ ihre schützende Hand hält. Haimbuchners bestätigt damit seinen Sager „Jede Partei hat einen Narrensaum“ (ORF-OÖ 11.5.2013).

Erst kürzlich erklärte FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz die „Distanziererei“ von den Identitären zu beenden (Standard, 1.12.2020) und teilte dies per Interview mit dem Identitären-Blatt „Info-Direkt“ mit.

Weil Kanzler Kurz ultimativ erklärte „Ich dulde keinen schwammigen Umgang mit den Identitären“ (Der Standard, 1.4.2019) tat man so als hätte man mit diesen nichts zu tun. Was Identitären-Chef Martin Sellner höhnisch erklären ließ „Wenn die IB extremistisch ist, dann ist es die FPÖ auch“ (Die Presse, 13.7.2019).

Bereits zum dritten Mal nach 1986 und 2006 zeigt die FPÖ nach dem Scheitern einer Regierungsbeteiligung ihren waren rechtsextremen Kern, analysiert Bernhard Weidinger vom DÖW (Standard, 9.12.2020). Nun wächst also wieder zusammen, was zusammen- gehört.

Leo Furtlehner

Griff in den Steuertopf

Leo Furtlehner über den Förderbericht 2019.

Das journalistische Ethos gebietet angeblich Objektivität, Faktencheck und Herkunft des Geschriebenen. In der Praxis setzt die Journaille aber lieber auf schlichtes Verschweigen. So sahen sich „OÖN“ und „Krone“ durch eine KPÖ-Aussendung zum Förderbericht 2019 zwar „ermuntert“ darüber groß zu berichten, die KPÖ kam in den Zweispaltern aber nicht vor.

Aber irgendwie passt das wieder zur Geheimniskrämerei der Landesregierung. Nach jahrelanger Urgenz sind zwar seit 2006 die Förderberichte im Netz verfügbar und kann das Fördervolumen von 1,75 Mrd. Euro (2019) auch nach Empfänger*innen abgefragt werden. Doch weiterhin ist der Bericht bewusst in hunderte Budgetposten aufgesplittet und gibt es weder eine Gliederung nach Empfängergruppen noch einen Download des gesamten Förderberichts.

Mit 25,46 Mio. Euro für Parteien, Klubs und Gemeinderatsschulung griffen die Landtagsparteien auch 2019 wieder voll in den Steuertopf. Zusätzlich kassierten als parteinahe bekannte Vereine weitere 6,43 Mio. Euro. Und Leistungen parteinaher Organisationen für Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten, Studierendenheime, Soziales oder Wohnbau wurden zusätzlich mit 42,03 Mio. Euro subventioniert.

Als „Zuckerl“ im Bericht sind der „Liberalen Klub“ der FPÖ (105.000), der „Freiheitlichen Arbeitskreis Attersee“ (100.000) und der „Landesdelegiertenconvent“ der FPÖ-nahen Burschenschaften (110.000) zu nennen. Pikanterweise aus dem Wirtschaftsressort werden sowohl die Gewerkschaftsfraktionen der FPÖ als auch der Grünen mit Landesgeldern gefördert.

Warum Landwirtschafts-, Landarbeiter- oder Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung gefördert werden, die sich bekanntlich ja ohnehin durch Kammerumlage oder Mitgliedsbeiträge finanzieren, ist unverständlich. Ebenso der Obulus für schwerreiche Industriekonzerne – Stichwort KTM-Motohall – sowie Banken oder Kommerzmedien.

Eine Kürzung der Parteienförderung auf zehn Euro pro Stimme für alle bei der letzten Wahl angetretenen Parteien würde zehn Mio. Euro sparen, aber davon will man im Landhaus nichts hören. Da macht man lieber Druck auf den Sozialbereich, für den FPÖ Landeschef Haimbuchner schließlich eine „Darmspiegelung“ verlangt hat.

Café KPÖ #65, September 2020