Uneiniges Pack

Der „Schotterkönig“ Hans Asamer kaufte um 12,5 Millionen Euro diverse Grundstücke entlang der Autobahn A1 in Ohlsdorf zusammen, holte sich den Sanktus des Landes zur Rodung von 19 Hektar Wald und verkaufte das zum Betriebsbaugebiet „Ehrenfeld II“ arrondierte Areal um 29,5 Millionen Euro an den Immobilienhai VGP (Belgien).

Die Bundesforste steuerten „mangels forstlicher Nutzbarkeit“ 1,5 Hektar zu diesem Areal bei und geben sich jetzt reuig: „Es wird sicher kein Ohlsdorf 2“ geben meint ÖBf-Vorstand Andreas Gruber. Von 600 Arbeitsplätzen an diesem „Leitstandort“ – womit Asamer, Land und Gemeinde lockten – blieb nichts übrig. Im Gegenteil: Im Jänner 2023 wurde das Betriebsbaugebiet auf der Plattform „Willhaben“ vom aktuellen Eigentümer CBRE (Texas) inseriert.

Auch Landesrat Achleitner (ÖVP) – der unter Missachtung aller kritischen Stimmen und negativer Gutachten der Naturschutzbehörde die Rodung ermöglichte – putzt sich ab, denn für Umwidmungen seien „die Gemeinden zuständig“. Ohlsdorf Bürgermeisterin Ines Mirlacher (SPÖ) fühlt sich „hingehalten“. Mitgegangen, mitgefangen. Nur Asamer lacht sich ins Fäustchen.

Leo Furtlehner

Menschenrecht auf Spekulation?

Leo Furtlehner über Raumordnung und Leerstand.

Hierzulande wird eifrig betoniert, Oberösterreich ist ein Spitzenreiter bei der Vernichtung von Grünland. Auch wenn Landesrat Achleitner (ÖVP) das Raumordnungsgesetz für „das schärfste aller Bundesländer“ erklärt: 17 Hektar Grünland für eine neue Fabrik des Landmaschinenherstellers Pöttinger bei Grieskirchen, die Rodung von 19 Hektar Wald für ein Betriebsbaugebiet in Ohlsdorf, 70 Hektar Grünland in Kronstorf für Google, Amazon und Konsorten beweisen das Gegenteil.

Die Zementindustrie bemühte Roland Girtler für eine „kultur- und sprachwissenschaftliche Analyse“ für ihre profitablen Geschäfte (OTS0215, 31.3.2022) die den burschenschaftlichen Soziologen zum Schluss „Beton tut offensichtlich gut, sorgt für eine Jahrhunderte haltende, stabile Grundlage – also ist Beton doch eigentlich gut?“ kommen lässt.

Katharina Roggenhofer, Sprecherin des Klima-Volksbegehrens, zerstört mit dem Sager „Es wird nicht jeder ein Haus auf der grünen Wiese haben können“ (Presse, 10.6.2022) die Lockrufe von bürgerlicher Politik und Immobilienhaien.

Angesichts der „hohen Einfamilienhausdichte“ Oberösterreichs sagt Wohnforscher Wolfgang Amann, dass diese „häufig am falschen Ort und technisch in einem schlechten Zustand“ sind und „viele werden leerstehen, wenn die Bewohner ausziehen“ (OÖN, 10.6.2022). Ein Desaster für die Raumordnung.

Das heiße Eisen der Causa heißt Leerstand. Während gigantische Potenziale – sowohl zigtausende Wohnungen als auch Industrie- und Gewerbeflächen leerstehen – wird weiter Grünland zubetoniert. Doch das Privateigentum an Grund und Boden und untrennbar damit verbunden im realen Kapitalismus Spekulation sind sakrosankt. Lieber lässt man Wohnungen und Gewerbeflächen jahrelang leerstehen als sie leistbar zu vermieten. Unbebaute, aber gewidmete Baulandreserven reichen für Jahrzehnte.

Zaghafte Vorstöße zur Nutzung – zumindest Erfassung und Besteuerung – des Leerstandes, wie in Wien, Salzburg und Innsbruck gestartet, werden von der Immobilienlobby als Eingriff in das vermeintliche Menschenrecht auf das geheiligte Privateigentum betrachtet. Ganz so, als ob in der Verfassung das Recht auf Spekulation festgeschrieben wäre.

„Schärfstes Gesetz“ ohne Krallen

Leo Furtlehner über das Versagen der Raumordnungspolitik.

ÖVP-Landesrat Achleitner, passenderweise gleichermaßen für Wirtschaft und Raumordnung zuständig, jubelte 2021 das Raumordnungsgesetz zu einem der „schärfsten Gesetze der Republik“ hoch. Ungeachtet dessen werden jedoch fleißig weiter wertvolle Grünflächen versiegelt.

11,5 Hektar Boden – davon 2,2 Hektar in Oberösterreich – werden bundesweit täglich versiegelt. Laut Nachhaltigkeitsziel dürften es nur mehr 2,5 Hektar pro Tag sein. Während zum Versiegeln ein Tag genügt dauert eine Renaturierung ein Jahrhundert.

Nun zeigt ein Fall in Ohlsdorf, dass das „schärfste Gesetz“ keine Krallen hat. Direkt an der Westautobahn A1 erwarb der vom Landwirt zum „Schotterkönig“ und später zum Holding-Boss aufgestiegene Hans Asamer von einem Gastwirt und den Bundesforsten 18 Hektar Wald.

Der „Macher im Regionalformat“ beantragte die Umwidmung auf ein Betriebsbaugebiet und verkaufte das Areal an einen belgischen Immobilienkonzern und streifte bei diesem Deal über zehn Millionen Euro Gewinn ein.

Nach einer Rodungsbewilligung wurde für das neue Betriebsbaugebiet „Ehrenfeld II“ zu Weihnachten 2021 der ganze Wald gerodet. Als „Ersatz“ für die ökologische Verwüstung werden anderswo 26 Hektar aufgeforstet – und dafür neuerlich Grünland geopfert, statt versiegelte Flächen zu renaturieren.

Einwände der Bezirkshauptmannschaft Gmunden konnten vom Ohlsdorfer Gemeinderat „nicht nachvollzogen werden“ werden. Rein „zufällig“ bleibt das Areal unter der für eine gesetzlich erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlichen Grenze von 20 Hektar. Und „zufällig“ konnte die Gemeinde ein Gegengutachten auftreiben, das die Rodung legitimierte.

Nach Meinung des Ortsparlaments müsse man „die Realität akzeptieren“, ein „Hinauszögern“ würde dazu führen, „dass man den Investor dadurch verliert“. Und Asamer meinte gar, es werde „mit Lügen und Halbwahrheiten um sich geworfen“ und sprach von einem „politischen Gefasel“. Rückendeckung für den Deal gab es von Landesrat Achleitner, der ohne Skrupel behauptet „Es ist wichtig, dass beide Ressorts in einer Hand sind, weil es um die Ordnung des Raumes geht“.

Aus Sicht der schwarz-blau geführten Landesregierung haben sich Umwelt, Ökologie und Raumordnung gefälligst den Profitinteressen zu unterwerfen. Als Totschlagargument meinte Achleitner sogar: „Eine Erweiterung zu verbieten, hieße, die Logistik und damit den Blutkreislauf der Wirtschaft zu stoppen“. Logisch, dass er den Vorwurf einer Weisung aus seinem Büro ebenso entrüstet zurückwies wie eine „politische Einflussnahme“.

Für KPÖ-Landessprecher Michael Schmida ist dem Versagen der Raumordnung der „direkte und manchmal auch indirekte Druck und Einfluss mächtiger Wirtschaftsinteressen auf die Politik und Entscheidungsträger*innen“ geschuldet.

Der Schriftsteller Thomas Bernhard – im Gegensatz zu Hans Asamer kein Ehrenbürger von Ohlsdorf, obwohl dort jahrzehntelang ansässig – meinte visionär schon vor Jahren: „Da, wo ein Wäldchen war, wuchern jetzt die Betongeschwüre“. Wie üblich argumentieren die Verantwortlichen mit dem Totschlagargument neuer Arbeitsplätze. Von 600 war bei „Ehrenfeld II“ die Rede. Bis sich herausstellte, dass auf dem Areal der deutsche Rewe-Konzern ein hochautomatisiertes Auslieferungslager mit gerade 60 Arbeitsplätzen bauen will.

Auf an den Stadtrand!

Linz: Landstraße, Hauptplatz, Donaulände, Schloss – so präsentiert sich die Stadt den TouristInnen, die mit Kreuzfahrtschiffen am Donaustrand anlegen. Mit Glockenspiel, glänzenden Auslagen und renovierten Altbauten.

Doch die Innenstadt ist nur Fassade. Die Stahlstadtkinder, einst von Willi Warma besungen, leben woanders, am Bindermichl, am Spallerhof, im Franckviertel oder in Ebelsberg. Diese Stadtteile sind großteils recht grün. Aber, was mich bei Spaziergängen genauso zur Verzweiflung bringt wie im heimischen Domviertel, ist der Autoverkehr.

Kleinmünchen mit teils noch recht dörflichen Strukturen wird von stark befahrenen Straßen zerschnitten, neben der Kirche Sankt Quirinus gibt es nicht einmal einen Gehsteig. Viele Autos tragen Linzer Kennzeichen. Nicht nur die Speckgürtelbewohner fahren SUV, auch die Protzkisten der Bobos in der Innenstadt werden immer größer und mehr.

Also flüchte ich demnächst nach Ebelsberg, in die Ennsfeldsiedlung, die zwar auch von zwei Straßen begrenzt wird, aber große grüne Innenhöfe hat. Bye, bye, Bobos, mir reichts! Und dort haben wir, ähem, einen eigenen Parkplatz.

Auf an den Stadtrand, meint Irene Ira.

Gesetz ohne Schärfe

Leo Furtlehner über die Raumordnungsnovelle des Landtages.

Allen Widerständen zum Trotz hat die schwarz-blaue Landtagsmehrheit am 12. November 2020 die Novelle zum Raumordnungsgesetz durchgeboxt. Der zuständige Landesrat Achleitner (ÖVP) schwadroniert über „eines der schärfsten Gesetze der Republik“.

Schon eher dürfte zutreffen, dass es sich um „ein weitgehend wirkungsloses Gesetz“ handelt, wie der grüne Klubchef Hirz meint. Sind doch die größten Sünden beim Zubetonieren des Landes längst erfolgt. Flächenfraß und Versiegelung rückgängig zu machen ist kein Thema. Da steht das geheiligte Privateigentum und die Spekulation durch Hortung von Bauland darüber.

Laut World Wildlife Founds werden in Oberösterreich täglich im Schnitt 2,1 Hektar Boden verbraucht. Fast die Hälfte davon wird mit Beton und Asphalt dauerhaft versiegelt. So geht Grünland verloren, das für Lebensmittelproduktion, Wasserrückhalt und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen fehlt.

Die Landespolitik ist dem Kapital verpflichtet. So hat etwa der 2019 als Verbund-Chef nach Wien entschwundene Ex-LHStv. Strugl (ÖVP) massive Eingriffe in den Linzer Grünzug – etwa am Harterplateau oder am Freinberg – verordnet. Pöttinger in Grieskirchen und Google in Kronstorf dürfen Betriebsansiedlungen mitten in wertvollem Grünland durchführen. Im Stodertal will man allen Klimabedenken zum Trotz 45 Hektar für das Skigebiet samt tausend weiteren Parkplätzen opfern.

Nun ist zwar auch beim Land bekannt, dass in Oberösterreich über tausend Hektar Industrie- und Gewerbe-Brachflächen nicht genutzt sind und viele Tausende Wohnungen seit Jahren leerstehen.

Doch diesen spekulativen Leerstand gezielt zu nutzen und bei Notwendigkeit auch ins geheiligte Privateigentum – etwa durch Um- und Rückwidmungen, Einweisungsrechte oder gar Enteignung – einzugreifen wird entrüstet abgelehnt.

Der blaue LHStv. Haimbuchner meint recht offenherzig, man wolle nicht mit „marxistischen Ideen wie einer Leerstandsabgabe“ arbeiten (OÖN, 15. 6. 2020).

Und so werden weiter Einfamilienhäuser und Einkaufszentren auf der grünen Wiese errichtet und Umfahrungen und Ausfallstraßen mit Gewerbebauten zugeknallt. Dafür darf im Gegenzug über verwaiste Ortskerne und verschwundene Nahversorger oder Gasthäuser gejammert werden.