Schwarzer Schleier über dem Land

Leo Furtlehner über die Landtags- und Gemeinderatswahlen 2021.

Mit der Grundmandatshürde und der 4-Prozent-Sperrklausel soll der Einzug kleiner Parteien in den Landtag verhindert werden. 400 Unterstützungserklärungen, durch persönliches Erscheinen beim Wohnsitzgemeindeamt zu bestätigen, sind erforderlich, um überhaupt auf den Stimmzettel zu kommen. Für die Landtagsparteien genügt hingegen die Unterschrift von drei Abgeordneten.

Trotzdem hat die KPÖ auch 2021 wieder die landesweite Kandidatur geschafft und ist damit die einzige linke Alternative bei dieser Wahl. Denn von den elf antretenden Parteien sind – mit der rechtsgewendeten ÖVP – gut drei Viertel dem rechten Lager zuzurechnen, SPÖ und Grüne dürfen sich um den Platz in der „Mitte“ balgen.

Das Ergebnis der Wahl ist absehbar: Die ÖVP – laut Umfragen bei rund 40 Prozent – kann sich aussuchen, ob sie weiter mit der FPÖ oder – so wie schon 2003 bis 2015 – wieder mit den Grünen koaliert, die SPÖ ist dabei schon längst aus dem Rennen. Durch den antiquierten Proporz sitzen letztlich aber wieder die vier Parteien in der Landesregierung im „kleinen Sesselkreis“ (OÖN, 3.7.2021) und bedienen über ihre jeweiligen Ressorts ihr Klientel mit Subventionen und Gefälligkeiten. Daran wird auch ein Einzug der NEOS nichts ändern.

Die seit 1945 dominierende ÖVP gibt sich zwar zeitgeistig-modern. Der schwarze Schleier, den sie mit jahrzehntelanger Regierungstätigkeit und das Oberkommando für Finanzen und Personal über das Land gelegt hat, ist trotzdem unübersehbar. Sie setzt nicht nur optisch die Partei mit dem Land gleich, sondern lässt den Landeshauptmann in einem extrem gesteigerten Personenkult als Landesfürsten ganz messianisch – „Was für ein Land“, „Was für Menschen“ – auf Land und Leute blicken.

Sogar das „Landeshauptblatt“ geht da etwas auf Distanz und urgiert mit „33 Thesen für ein besseres Oberösterreich“ (OÖN, 17.6.2021) Handlungsbedarf, der freilich ziemlich durchgängig den Interessen der Wirtschaft, vor allem der Industrie, geschuldet ist. Ein Umdenken in den zentralen Fragen – wachsende Verkehrslawine, Zersiedelung des Landes, Vernichtung von Grünland, Sozialabbau, Ausplünderung der Gemeinden – ist von der Stelzer-ÖVP nicht zu erwarten. Sehr wohl hingegen, dass sie ihren künftigen Koalitionspartner am Nasenring durch die politische Arena führt.

Schon gar nicht soll die „Villa Kunterbunt“ (OÖN, 13.2.2021) des für Österreich charakteristische Föderalismus in Frage gestellt werden, der sich durch eine zehnfache Gesetzgebung – ein Bundesgesetz, neun Landesgesetze – längst als kontraproduktiv und als Bremse für fortschrittliche Entwicklungen erwiesen hat. Realpolitisch wird das zum „Föderalpopulismus“ (Presse, 12.2.2021) wie die Corona-Krise verdeutlicht hat.

Mag Oberösterreich wirtschaftlich top, führendes Industrie- und Exportbundesland sein und in die TOP 10 der EU-Regionen drängen – bei der Kinderbetreuung, bei Frauenlöhnen, bei der Sozialhilfe etc. rangiert es als Schlusslicht. Das ist die Kehrseite der angeblich so erfolgreichen ÖVP-Politik

Da ist es höchst notwendig, wenn von links die Finger auf die politischen Wunden gelegt und aufgezeigt wird, in wessen Interesse auch die Landespolitik betrieben wird. Das gilt auch für die Gemeinden. Hier gibt es in den fünf größten Städten und damit für ein Viertel der Landesbevölkerung mit der KPÖ ein Angebot von links.

Lizenz zur Steuerverschwendung

Leo Furtlehner über den anstehenden Landtagswahlkampf.

Mit vollen Hosen ist bekanntlich gut stinken. Das gilt auch für den Landtagswahlkampf der vier Landtagsparteien. Denn dafür gibt es eine Obergrenze der Ausgaben von sechs Millionen Euro pro Partei, für die gleichzeitig stattfindenden Gemeinderats- und Bürgermeister*innenwahlen gibt es gar kein Limit.

Diese Lizenz zur Verschwendung von Steuergeldern erklärt sich einfach: Laut Förderbericht kassierten ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grüne 2019 nämlich nicht weniger als 19 Mio. Euro „Parteienförderung A“ auf Landesebene und zusätzlich 3,5 Mio. Euro „Parteienförderung B“ für die Gemeinden. Der Corona-gebeutelten Bevölkerung droht also in den nächsten vier Monaten von einer Lawine an Plakaten, Inseraten plus Online-Werbung zugeschüttet zu werden.

Hatte die ÖVP zu Jahresbeginn noch behauptet, Corona sei wichtiger als der Wahlkampf, so startet LH Stelzer nach Pfingsten mit einer Tour durch die Bezirke. Die FPÖ plakatiert schon seit Monaten ihren Boss Haimbuchner. Und auch SPÖ, Grüne und NEOS sind schon ganz in Wahlkampfhektik und tun so, als sei Oberösterreich der Nabel der Welt.

Wenn die Umfragen zutreffen, wird sich die ÖVP aussuchen können, ob sie nach der Wahl weiter mit der Ibiza-geschädigten FPÖ oder doch lieber – wie schon 2003 bis 2015 – wieder mit den Grünen koalieren wird. Grünen-Chef Kaineder schleimt sich vorsorglich schon kräftig bei Stelzer & Co. ein.

Die SPÖ dürfte durch den tiefsitzenden Sozi-Hass der schwarz-türkisen Bande als Koalitionspartner nicht mehr gefragt sein. Ob die NEOS in den Landtag einziehen ist trotz eines demonstrativ zur Schau gestellten Zweckoptimismus ebenso fraglich wie 2015. Schließlich haben auch die deutlich rechtsstehenden Bürgerlisten und ein OÖ-Ableger des rechtsextremen Ex-FPÖ-Chef Strache Ambitionen angemeldet.

Die Hektik der Landtagsparteien und der sündteure Wahlkampf stehen im umgekehrten Verhältnis zur realen Bedeutung der Landespolitik. Die Funktion des Föderalismus besteht bekanntlich vor allem darin, durch eine neunfache Landesgesetzgebung sinnvolle bundesweite Regelungen zu blockieren und gleichzeitig die Gemeinden finanziell auszuplündern.

Oberösterreich gilt als Exportland Nummer eins. Der Einfluss der Industrie auf die Landespolitik ist so hoch wie nie zuvor. Die schwarz-blaue Koalition agiert als willfähriges Vollzugsorgan der Wünsche der Industriellenvereinigung. Wichtige Fragen wie Digitalisierung, Forschung, Verkehrspolitik oder Raumordnung und diverse „Leuchtturmprojekte“ sind daher unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Ebenso das erklärte Ziel, Oberösterreich unter die TOP10-Regionen der EU zu bringen.

Als Kehrseite machte die schwarz-blaue Koalition Oberösterreich nach 2015 mit asozialen Maßnahmen – Stichwort Sozialhilfe und Wohnbeihilfe – zum Versuchslabor für die rechtsgewendete Bundespolitik. Zur Beschwichtigung der Gemüter befördern die Landtagsparteien mit dem Kampfbegriff Heimat eine subtile Fremdenfeindlichkeit.

Das einzige Angebot von links in dieser tristen Szenerie ist die Kandidatur der KPÖ, wobei deren Schwerpunkt bei der gleichzeitig stattfindenden Gemeinderatswahl und hier wiederum in Linz liegt. Das Wahlrecht verhindert unerwünschte Konkurrenz für die „Etablierten“. Wenn die KPÖ trotzdem antritt, dann auch nach dem Motto „z’Fleiss“.