
Michael Wögerer über die Lage in Kuba.
Wenn in den österreichischen Hauptnachrichten über Kuba berichtet wird, heißt das meist nichts Gutes. Jedenfalls ist Vorsicht geboten, ob uns nicht wieder einmal ein X für ein U vorgemacht wird.
So geschah es auch zuletzt im Juli, als von „historischen Protesten“ gegen das „kommunistische Regime“ die Rede war. In den hiesigen Medien wurde der Beginn eines „neuen Aufstandes“ gegen die „Castro-Diktatur“ regelrecht gefeiert, obwohl sie doch wissen müssten, dass Fidel Castro fast fünf Jahre tot ist, sein Bruder Raúl im April 2018 durch Miguel Díaz-Canel als Präsident Kubas abgelöst wurde und kürzlich auch das Amt des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Kubas an ihn übergeben hatte.
Was war wirklich geschehen?
Am 11. Juli 2021 hatten sich in mehreren Orten Kubas hunderte Personen versammelt und zunächst friedlich ihre Unzufriedenheit über den Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten sowie Stromausfälle ausgedrückt. Unter sie mischten sich jedoch auch Akteure, die US-Symbole mit sich führten, Steine warfen und in Havanna ein Polizeifahrzeug umstürzten.
Präsident Díaz-Canel suchte dennoch den Dialog mit den Protestierenden und zeigte Verständnis für die Proteste gegen die schwierige, wirtschaftliche Situation, die Kuba derzeit aufgrund der Corona-Krise und des dadurch stark eingeschränkten Tourismus durchmachen muss. Aber er machte auch deutlich: „Wir werden nicht zulassen, dass auch nur ein Konterrevolutionär, der sich an die USA verkauft hat, der Geld von ihnen erhält, unser Land destabilisiert. Die Straßen gehören den Revolutionären!“
So war es dann auch: Allein in Havanna nahmen am 17. Juli mehr als 100.000 Menschen an einer Kundgebung in der Nähe der US-Botschaft an der Uferstraße Malecón teil. Größere Demonstrationen fanden auch in Santiago de Cuba und anderen Städten statt. Überall forderten die Demonstrant*innen das Ende der seit 60 Jahren gegen die Insel verhängten US-Blockade und erklärten ihre Entschlossenheit, die Unabhängigkeit des Landes und Errungenschaften der Revolution gegen alle Einmischungs- und Umsturzversuche der USA zu verteidigen. Darüber allerdings schwiegen unsere Hauptnachrichten wieder. Warum wohl?