Salzburger Katastrophen

Herr Groll ermittelt in der Salzburger Halbwelt. Von Franz Fend

In „Herr Groll und die Wölfe von Salzburg“ ist das Personal des Romans wieder auf die Kerntruppe zusammengeschmolzen. Groll, der rollstuhlfahrende Ermittler, Josef der Zweite, Grolls Rollstuhl, hat ihn schon durch so manche aberwitzige, wie lebensgefährliche Situation manövriert hat, sowie Grolls Freund und langjähriger Gefährte, genannt der Dozent.

Im vorliegenden Groll-Roman sind die zahlreichen Handlungsstränge und unterschiedlichste Narrative, historische wie gegenwärtige, urbane wie rurale, evidente wie erfundene auf halsbrecherisch-unterhaltsame Weise vermischt, dass einem schwindlig werden könnte. Dem ursprünglichem Auftrag Grolls, den Freund der Mutter des Dozenten, einen im Rohstoffgeschäft tätigen Kapitalisten, zu finden, kommt dieser scheinbar nur schleppend nach. Zu viele Ereignisse, die ihre Ursache weit in der Geschichte haben, erfordern die Aufmerksamkeit Grolls.

Da kommen etwa die sogenannten Zauberbubenprozesse in Spiel, in welchen, historisch evident, der Salzburger Erzbischof Max Gandolf von Kuenburg, mehrere hundert Kinder und Jugendliche, die sich als Bettler durchbrachten, verbrennen ließ. Dass dies rechtens war, ließ er sich von einem Innsbrucker Juristen in einem Gutachten bestätigen.

Die Tradition der gekauften Gutachten wird bis heute gepflegt. Einer der Überlebenden dieser Hexenjagd, Jakob Koller, genannt der Schinderjackl, dessen Mutter verbrannt worden ist, konnte nicht gefasst werden. Er werde als Wolf zurückkehren und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, heißt es in der Sage.

Als nun auch in Salzburg Wolfsrudel auftauchen, welche vorwiegend Uniform- und Talarträger zerfleischen, steht Salzburg knapp vor dem Ausnahmezustand. Denn darüber hinaus ist die größtmögliche Salzburger Katastrophe eingetreten, die Kartenvorverkaufsserver der Festspiele wurden gehackt und das Salzburger Credo „Die Festspiele können alles, überleben alles und wissen alles.“ kommt gehörig ins Wanken.

Riess zeichnet in einer kühnen Mischung aus Schelmenroman, historischer Abhandlung, Abenteuergeschichte und kulturphilosophischem Essay ein Bild einer vergangenen und gegenwärtigen Gesellschaft, die historischen Optimismus nicht recht aufkommen lässt. Allein der sarkastische Witz der Geschichte rettet.

Erwin Riess: Herr Groll und die Wölfe von Salzburg. Roman. Otto Müller Verlag, Salzburg 2021

Brothers in Crime

Michael Graber über Kriminalität in der Bankenwelt.

Die Bankenkriminalität der letzten Jahre umfasst „systemrelevante“ und weltweit bekannte Institute. Nicht zu vergessen seinerzeit auch die Bawag.

Nicht alle Bankenzusammenbrüche sind kriminellen Machenschaften geschuldet, obwohl die Grenze zwischen (nachträglich erkannten) offensichtlich kriminellen Betrug und nahe der Kriminalität gelegene Spekulation nicht wirklich gezogen werden kann. Zur Bankenkriminalität gehört jedenfalls auch der Steuerbetrug, wie die Cum-Ex-Geschäfte zahlreicher Banken und Fonds in Deutschland zeigen, wo es um 2,5 Mrd. Euro erschlichene Steuererstattungen geht.

Warum sind die durch kriminelle Machenschaften in den und durch die Banken erzielten Profite, bzw. darauffolgende Crashs so hoch? Weil sich heute im Finanzsektor ein Großteil des frei verfügbaren Kapitals und offensichtlich auch frei erfundenes Kapital, wie bei Wirecard konzentriert, und dort die undurchsichtigsten Geschäftsmethoden gängig sind, die im Produktionssektor gar nicht möglich sind.

Das hat sich also auch der Herr Pucher (nur er?) von der relativ kleinen, aber für das Burgenland wichtigen Commerzialbank zum Vorbild genommen und das mit österreichischen Besonderheiten des Wirtschaftslebens verbunden: Gründe eine Genossenschaft von ein paar Mittelständlern, gründe daraus eine Bank und setze die Vertrauensleute aus der Genossenschaft in den Aufsichtsrat.

Gründe oder unterstütze in weiterer Folge möglichst auffällig einen Fußballverein zur gesellschaftlichen Akzeptanz des Sponsors (hat sich die Commerzbankbank einen Fußballverein gehalten oder war es eher umgekehrt?), befreunde dich mit den lokalen Politikern und auch in höheren Etagen und du kannst über Jahre unbehelligt erfundene Bilanzen vorweisen, prüfen lassen bis durch ein Missgeschick (die Prüfung der ÖNB) der Krug bricht.

Die letzten Stunden vor dem Lockdown der Bank war offensichtlich der Parole „Rette sich wer kann“ gewidmet, wobei die üblichen Verdächtigen natürlich nicht unter den kleinen Anlegern zu finden sind.