Mehr als teure Spielerei

Raphael Magauer über die Fußball-WM in Katar

Aktuell findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar statt. Der Gastgeber steht aufgrund der Unterdrückung von Frauen und queeren Personen sowie der miserablen Arbeitsbedingungen von Gastarbeitern unter heftiger Kritik. Aber warum bewarb sich das Emirat um das Turnier?

Medial wird sie gerne als sehr teure Spielerei der katarischen Königsfamilie präsentiert, aber dahinter steht knallharte Geopolitik im Rahmen einer „Soft Power”-Strategie. Um diese zu verstehen, muss man zurück ins Jahr 1991, zu Beginn des 2. Golfkriegs. Der irakische Überfall auf Kuwait führte zu Schnappatmung in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und eben Katar, ein ähnliches Schicksal gegenüber Saudi-Arabien erleiden zu müssen.

Um das zu verhindern, galt es, die eigene Nation ins Blickfeld des Weltgeschehens, also vor allem des Westens, zu rücken. Bereits zwei Jahre später fanden in den VAE und Katar die ersten großen Tennisturniere im Rahmen der ATP-Tour statt. Bahrain wurde 2004 zum fixen Stopp der Formel-1-Meisterschaft. 2010 gelang Katar dann der große Wurf mit massiver Bestechung von Funktionären, wie alle anderen Bewerber übrigens auch, die Vergabe für die Fußball-Weltmeisterschaft für sich zu entscheiden.

So schaffte man es auch, dass man, trotz guter Handelsbeziehungen zum Iran, die USA in Katar ihre größte Militärbasis im Nahen Osten unterhält. In Europa ist seit Jahren bereits Frankreich fester Partner des Golfstaats. Bereits 2017 rentierte sich die massive Investition der Kataris. Saudi-Arabien versuchte Katar aufgrund ihrer Unterstützung für die Muslimbruderschaft zu isolieren, was sogar so weit ging, dass man durch einen Graben Katar zu einer Insel verwandeln wollte.

Der Westen zog jedoch nicht mit, womit der Boykott vergangenes Jahr scheiterte. Nun findet auch in Saudi-Arabien ein Umdenken statt, vergangenen Sommer übernahm man den Mittelständler der englischen Premier League Newcastle United der sich nun bereits auf dem dritten Platz befindet, ebenso findet sich seit vergangenem Jahr auch ein Grand Prix im Königreich im Formel-1-Kalender wieder. Solch große Investitionen entstehen selten aus Jux und Tollerei, sondern sind das Ergebnis beinharter imperialer Politik, darum ist es wichtig, dass dies auch so benannt und analysiert wird.

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