Dario Krenn sprach mit der Menschenrechtsaktivistin Roel über Asylpolitik

Einmal mehr wurde die Unterbringung schutzsuchender Menschen diskutiert. Wieso?
Zunächst einmal finde ich, dass wir keine Asyl-, sondern eine Unterbringungsproblematik haben. Dabei gibt es zwei Ebenen: Es kommen zum einen nicht erst seit kurzem wieder mehr Menschen nach Österreich, diese Entwicklung gibt es bereits seit Anfang des Jahres. Zum anderen gibt es viel zu wenig Einrichtungen zur Unterbringung von Menschen, die sich im Asylverfahren befinden.
Nur Wien und das Burgenland erfüllen aktuell ihre Quote, dabei müssten die restlichen Bundesländer gemeinsam nur 4.000 Personen unterbringen. Zudem sind viele NGOs jetzt schon am Limit bei der Unterbringung und können sich den Neubau von Quartieren ohne eine Vorfinanzierung – zum Beispiel vom Land Oberösterreich – auch nicht leisten. Die Lage wird wohl also noch prekärer werden.
Wieso wollte der Innenminister unbedingt Zelte aufstellen?
Die Entwicklung ist jetzt kein neues Thema, die Probleme sind schon lange bekannt. Jetzt Menschen in Zelten unterzubringen, war schon ein politisches Kalkül, um das Asylthema wieder politisch zu instrumentalisieren. Bei all der Hetze gegen Geflüchtete, die seit Jahren betrieben wird, ist es dann auch kein Wunder, dass Gemeinden die Menschen nicht mit offenen Armen empfangen.
Wieso wehrten sich die Gemeinden so gegen die Zelte?
Also grundsätzlich halte ich nichts von Massenunterkünften, denn Integration kann nur gelingen, wenn Einzelpersonen oder Familien gut in Gemeinden und nicht in Groß- quartieren untergebracht werden. Leider war meistens die Ablehnung der Zelte nicht humanistischer Natur. Als beispielsweise in Sankt Georgen im Attergau gemeinsam mit den Identitären demonstriert wurde, ging es gegen die Aufnahme von Flüchtlingen per se und nicht, weil diese menschenunwürdig in Zelten untergebracht wurden.
Man muss da schon auch speziell die ÖVP nennen, die hier keinen humanistischen Zugang hat, sondern lieber verhetzt und Ängste schürt. Ich denke, das möchte man gerade politisch eskalieren lassen – auf den Schultern der Geflüchteten. Weiters wird verhältnismäßig viel Geld für die EU-Außengrenzen verwendet, damit Flüchtlinge gar nicht erst nach Europa kommen – für den Schutz der geflüchteten Menschen hier gibt es dann wieder kaum Geld, das wird auch gar nicht diskutiert.
Die Debatte setzte ziemlich zeitgleich mit den ersten KV-Runden ein. Gibt es da eventuell einen Zusammenhang? Wer profitiert von der Debatte auf dem Rücken der Menschen?
Ich denke schon, dass das hinein- spielt, dass man das Thema Asyl so instrumentalisiert. Natürlich sind gerade viele Menschen verunsichert, vor allem wegen finanzieller Sorgen und der Teuerung, auch Corona gibt es ja noch. Viele Menschen befinden sich also gerade in einer fragilen Lebenszeit. Da das Asyl-Thema noch nachzuschieben und noch mehr Ängste zu schüren, ist relativ einfach. Das ist ein sehr populistischer Zugang. Zudem wird vom Land Oberösterreich kaum noch mit den Gemeinden kommuniziert – das trägt natürlich auch nicht zu einer Besserung der Situation bei. Dass ÖVP-Klubchef Wöginger jetzt noch die Menschenrechte debattieren will, ist inakzeptabel – die Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Es müssen sich vielmehr der Diskurs und die Debatte ändern, sonst wird sich auch gesellschaftspolitisch nichts ändern.