Klimakiller Rendite

Leo Furtlehner zum Thema Klimapolitik.

Von Corona überlagert bedroht die Klimakrise den Globus. Wuchs der globale Ausstoß von CO2 von 1850 bis 1950 nur langsam auf fünf Milliarden Tonnen, so explodierte dieser bis 2019 auf über 35 Milliarden Tonnen. Nur notorische Ignorant*innen behaupten, es gäbe kein Klimaproblem und angesichts unübersehbarer Temperaturschwankungen und zunehmender Naturkatastrophen bestünde kein Handlungsbedarf.

Dabei sind oft zwei Seelen in einer Brust, zeigt eine Umfrage des market-Instituts (OÖN, 18. 11. 2021). Demnach sehen 61 Prozent den Klimawandel als größte Bedrohung der Gesellschaft, nur ein Zehntel glaubt, dass die Klimaziele erreichbar sind, aber nur 36 Prozent sehen sich persönlich betroffen.

Nun verursachen zwar global die zehn reichsten Prozent der Weltbevölkerung satte 49 Prozent des CO2 und entfallen auf die 50 Prozent ärmsten nur zehn Prozent. In Österreich kommen im untersten Einkommensdezil 3,2 Tonnen CO2 auf eine Person, im obersten Dezil sind es 19 Tonnen (Standard, 12. 10. 2021).

Klimapolitik ist also auch eine Klassenfrage und zur Lösung sind soziale Aspekte zu berücksichtigen. Doch Meinungen, dass erst China und die USA am Zug seien, erst nach globaler Abrüstung und Entmachtung der Konzerne gehandelt werden könne oder Europa nur einen minimalen Anteil verursacht greift zu kurz.

Kapitalismus grün gefärbt

In einer globalisierten Welt kann sich niemand absentieren und das Handeln auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Auch gilt es, die imperiale Lebensweise des reichen Nordens auf Kosten des armen Südens der Welt in Frage zu stellen. Im Klartext: Regionale Versorgung statt exzessive Globalisierung, vernünftiger Konsum statt Überflussproduktion, sorgsamer Umgang mit Ressourcen statt Verschwendung, Entschleunigung statt Turbokapitalismus.

Zwangsläufig werden dabei die Grenzen des Kapitalismus angestoßen. Es gilt der Slogan der Klimaschutzbewegung „System Change! Not Climate Change!“ Der Mainstream in Politik und Medien setzt hingegen auf einen „grünen Kapitalismus“. So schwärmt etwa Dietmar Mascher „Der Kapitalismus muss also grüner werden. Und wird es automatisch, wenn der Rendite abwirft“ (OÖN, 30. 10. 2021).

Mascher & Co. ignorieren dabei nicht nur, dass aktuell Betongold und Bitcoin die Renditen-Renner – und Klima-Vernichter – sind. Auch aus der Finanzwelt wird der „grüne Kapitalismus“ entzaubert. Banken, Konzerne und Staaten überschwemmen den Finanzmarkt mit „nachhaltigen“ Investments und „grünen“ Anleihen. Geschätzte 32,5 Billionen Euro werden nach „grünen“ Grundsätzen verwaltet, die Anleger erhalten Rendite und haben im blinden Vertrauen in die Finanzwelt ein gutes Gewissen.

Doch das deutsche Ifo-Institut stellt klar, dass damit zwar via Blackrock, Vanguard oder Fidelity Riesensummen der Realwirtschaft zuströmen, doch die Versprechen der Fondsmanager mangels konkreter Zweckbindung oft „leer“ sind (Presse, 19. 11. 2021). So wirbt etwa der britische BP-Konzern plakativ für Windräder, macht das große Geschäft aber weiterhin mit Öl.

Der geringe Output der diversen Klimagipfel – zuletzt COP26 in Glasgow und G20 in Rom – zeigt zudem wie mühsam es ist, der absoluten Dominanz der Ökonomie entgegenzuwirken. Gilt doch für die Multis und ihren politischen Sprachrohren in Form der Regierungen immer noch der Profit als Maß aller Dinge.

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