Spirale nach unten

Karin Antlanger über die Teilzeitpläne von ÖGB und AK.

Ausgerechnet zum Equal-Pension-Day gingen Arbeiterkammer und ÖGB mit einer Forderung in die Offensive, die sogar bei Bürgerlichen für Kopfschütteln sorgte: Eltern, die beide Teilzeit arbeiten, sollen einen Bonus von monatlich 250 Euro bekommen, wenn sie ihre Arbeitszeit auf 28 bis 32 Stunden pro Woche reduzieren.

Das ganze bis zum vierten Geburtstag des Kindes. Dadurch solle Familienarbeit besser aufgeteilt werden. Auch Alleinerziehende sollten diesen Bonus bekommen – wer dann allerdings die zweite Hälfte der Familienarbeit übernehmen soll, wird nicht gesagt.

Oberösterreich hat die Nase vorn – die Frauen haben das Nachsehen: Die Männerpensionen liegen um 200 Euro über dem Bundesdurchschnitt. Es gibt bundesweit die niedrigsten Frauenpensionen. Im Verhältnis sind am wenigsten Frauen pensionsversichert. Oberösterreich hat die niedrigste Betreuungsquote bei unter Dreijährigen.

Und all das in einem „Industrieland“, das angeblich so gut durch die Krise(n) gelenkt wurde. Wozu sollen die Frauen denn Vollzeit arbeiten, wenn die Männer in der Metallindustrie eh genug verdienen? Wozu überhaupt arbeiten, wenn der Alte eh die Kohle nach Hause bringt?

Und wozu soll sich eine Gewerkschaft noch für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn stark machen, wenn die Menschen doch freiwillig eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnkürzung hinnehmen? Nur weil der ÖGB seit 45 Jahren keine gesetzliche Arbeitszeitverkürzung erreichte, habe er sich von dieser mehr als überfälligen Maßnahme in der Praxis endgültig verabschiedet.

Angriff auf Pensionssystem

Dass die vorgeschlagene Familien-Teilzeitarbeit nicht nur die Pensionen der Betroffenen kürzt, sondern auch das Pensionsversicherungssystem ins Schwanken bringt, da bei Teilzeitarbeit auch weniger Versicherungsbeiträge eingezahlt werden, ist Gewerkschafts- und AK-Funktionär*innen entweder nicht bewusst oder sie nehmen es in Kauf.

Oder setzen sie auf private Pensionsvorsorge? Das wäre mindestens ebenso fahrlässig wie unverantwortlich. Es stellt sich immer mehr die Frage, wessen Interessen diese Funktionär*innen wirklich im Fokus haben.

Der Anteil der Männer, die in Karenz gehen, ist nach wie vor gering. Wen wundert’s? Sind doch die finanziellen Einbußen für Männer meist so viel höher als für die im Schnitt viel geringer entlohnten Frauen. Da würde auch ein Familienbonus von 250 Euro nicht viel dran ändern. Was sich aber tatsächlich ändern würde, wäre, dass Frauen dadurch kaum mehr Pension bekämen, dafür aber die Männer weniger.

Ist das die Gleichheit, auf die AK und ÖGB hinarbeiten? Nicht gleicher Lohn für gleiche Arbeit und damit Anhebung der Fraueneinkommen, sondern gleich wenig für alle, auch für Männer, also eine Nivellierung nach unten. Und das Thema Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn für alle Beschäftigten würden sie damit auch unter den (Verhandlungs-)Tisch fallen lassen.

So lange es keine flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen auch für unter 3-jährige gibt, und solange den Frauen immer noch ein schlechtes Gewissen eingeredet wird, wenn sie Vollzeit berufstätig sind, wird es keine Chancengleichheit und existenzsichernde Alterspensionen für Frauen geben. Und die Forderung nach einer 30-Stundenwoche wird den Gewerkschafter*innen weiterhin wie ein pornografischer Witz die Schamesröte ins Gesicht treiben.

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