Prequel folgt

Walter Baier über die USA nach Trump.

Donald Trump war kein Betriebsunfall. Seine Präsidentschaft war das Produkt eines Systems, das den Wähler_innen nur die Auswahl zwischen zwei Kandidat_innen erlaubt, die in der Elite der herrschenden Klasse rekrutiert werden. So wechselten einander Jahrzehnte lang liberale Konservative und konservative Liberale im Weißen Haus ab.

Solange sie die Mittelschichten, zu denen die qualifizierte, weiße Arbeiterschaft in den Vorstädten zählt, zufriedenstellten, funktionierte dieses System, das die große Masse der Farbigen und Eingewanderten von den Bürgerrechten ausschloss. Ausgehebelt wurde es schließlich durch den technologischen Umbruch und den von Ronald Reagan durchgesetzte Neoliberalismus, die die soziale Ungleichheit potenzierten.

Noch 20 Jahre konnte deren zerstörerische Wirkung durch ein Anwachsen der privaten Schulden gedämpft werden. Dann kam es 2007 zur Kreditkrise, die sich zur weltweiten Finanzkrise auswuchs. Da Obamas Krisenmanagement – mit Ausnahme der verwässerten Gesundheitsreform – nicht auf die soziale Ungleichheit zielte, setzte bald wieder der alte Mechanismus ein, und 2019 überstieg die Verschuldung sogar das Vorkrisenniveau.

Die Wahl des Duos Joe Biden/Kamala Harris steht dafür, dass sich innerhalb der herrschenden Klasse – zumindest, vorderhand – diejenigen durchgesetzt haben, die einen Ausweg aus der durch Trump verschärften Covid-19-Krise durch eine Erneuerung des sozialen Kompromisses suchen. Immerhin hat Biden eine Verdoppelung des Mindestlohns und ein Konjunkturpaket von stattlichen 1,9 Billionen US-Dollar angekündigt. Erwarten kann man auch Stellungnahmen gegen den von Trump so schamlos ermutigten Rassismus und Neofaschismus.

Andererseits, die Höhe der Staatsschuld der USA war bereits vor Covid-19 exorbitant. Zusammen mit dem Außenhandelsdefizit ist sie finanzierbar nur aufgrund der Akzeptanz des Dollar als Weltwährung, ihrerseits Ausdruck der über fast ein Jahrhundert währenden wirtschaftlichen und politischen Vorherrschaft der USA.

Biden hat den Wiedereintritt in das Klimaschutzabkommen, den neuerlichen Eintritt in das Atomabkommen mit dem Iran und die Wiederaufnahme der Abrüstungsgespräche mit Russland angekündigt. Das alles ist positiv. Was man von ihm nicht erwarten kann, ist eine andere als imperialistische Außenpolitik, vor allem keine Abschwächung der Konfrontation mit China, das sich als der einzige ernsthafte Herausforderer der US-Hegemonie in Stellung gebracht hat. Ein Ende der Identitätskrise der USA ist nicht absehbar.

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