Medialer Amoklauf

Karin Antlanger über ORF und Boulevard.

Der jihadistische Amoklauf in Wien vom 2. November ließ die österreichischen Boulevardblätter und TV-Privatsender wieder mal zu ihrer hässlichsten Hochform auflaufen. Fellners oe24.TV strahlte kurz nach den Attentaten Handy-Videos von Augenzeugen aus, die zeigten, wie auf Menschen geschossen wurde bzw. wurden auch Aufnahmen von Verletzten im genannten Schmuddel-TV-Sender gezeigt.

Auch auf der Website der Kronen-Zeitung fanden sich solche Videos. Diese Sensationsgeilheit à la „Bild sprach als Erste mit der Leiche“ führte dazu, dass etliche Großunternehmen wie Billa, Spar, Ikea, ÖBB und andere ihre Werbeeinschaltungen bei diesen Medien (zumindest vorübergehend) stoppten.

Und das war gut so, denn man muss diese Krawallmedien dort treffen, wo es am meisten weh tut: nein, nicht bei der journalistischen Ehre, sondern beim Geld! Die Streichung sämtlicher Presseförderungen für zumindest ein Jahr wäre eine angemessene Sanktion für derartiges journalistisches Fehlverhalten.

Aber auch der ORF ist nicht weit entfernt vom Boulevard: unterbrach er doch am 2. November sein Hauptabendprogramm und sendete von 21 bis 2:30 Uhr in der Früh eine ZIB Spezial, in der quasi in einer Endlosschleife abwechselnd von Orten der Ereignisse und aus dem Polizeiquartier berichtet wurde. Wobei „berichtet“ übertrieben ist, da überwiegend Menschen interviewt wurden, die „berichteten“, dass sie eigentlich auch nichts Genaueres wüssten, aber vielleicht, eventuell…

Diese fünfeinhalbstündige Kaffeesudleserei des ORF führte dazu, dass vor allem bei der älteren Landbevölkerung wieder mal der absurde Eindruck geschürt wurde, Wien sei ein gefährliches Pflaster, man könne dort kaum unverletzt durch die Stadt kommen und müsse in den Abendstunden unweigerlich einem Verbrechen zum Opfer fallen.

Es war absolut unseriös, stundenlang und redundant Unwissenheit und Unsicherheit auszustrahlen. Vielmehr hätten kurze, stündliche 5-Minuten-Berichte gereicht, diese mit dem Hinweis, dass die Ermittlungen noch im Gange sind. Vielleicht sollte man den ORF auch monetär für solche Fehlberichterstattung strafen.

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